Zum Jahreswechsel fassen viele Menschen gute Vorsätze. Doch kurze Zeit später sind sie meist schon wieder vergessen oder aufgeschoben. Warum das so ist und was die erfolgreiche Umsetzung solcher Vorsätze und Entscheidungen bewirkt, verrät die Wirtschaftspsychologin Sabine Prohaska.
Ziehe ich der Karriere wegen um oder sind mir meine Freunde wichtiger? Spare ich jeden Monat einen Teil des Gehalts fürs Alter oder fliege ich nach Hawaii? Vor solchen schwierigen Entscheidungen stehen wir im Leben hin und wieder. Dabei ist es eine Illusion anzunehmen, alles sei zugleich möglich.
Versuchen, die Illusion zu durchschauen
Entscheidungen zu treffen fällt vielen Menschen schwer. Denn: Wenn wir uns für etwas entscheiden, müssen wir andere Möglichkeiten verwerfen. Das können wir nur, wenn wir wissen, was uns wichtig ist. Sonst fassen wir zwar viele Vorsätze, doch wenige Tage später sind sie vergessen, weil sie nicht in einer Lebensvision verankert sind. Hinzu kommt: Was in unserem Leben wirklich wichtig ist, ist nie dringend. Es ist zum Beispiel nie dringend, joggen zu gehen. Es wäre aber gut für unsere Gesundheit. Weil die wirklich wichtigen Dinge nie dringend sind, schieben wir sie oft vor uns her. Oder wir hegen die Illusion: Wenn ich alles schneller erledige, habe ich auch für die anderen Dinge mehr Zeit. Die einzige Konsequenz ist, dass wir ein Leben im High-Speed-Tempo führen. Und irgendwann stellen wir resigniert fest: Nun führe ich zwar ein (noch) ge-füllteres Leben, aber kein er-fülltes Leben.
Herausforderung: Die Balance im Leben wahren
Eine solche Schieflage ist kein Einzelschicksal. Immer mehr Menschen plagt das Gefühl: Mein Leben ist nicht im Lot. Eine Ursache hierfür ist:, dass bezogen auf ihre berufliche Laufbahn die meisten Menschen eine klare Perspektive haben. Anders sieht es in den Lebensbereichen „Sinn/Kultur“, „Körper/Gesundheit“ und „Familie/Beziehung“ aus. Hier fehlen ihnen häufig klare Ziele. In der Alltagshektik übersehen wir zudem oft, dass die vier Lebensbereiche in einer Wechselbeziehung zueinanderstehen. Deshalb verliert, wer etwa den Bereich „Arbeit/Beruf“ längerfristig überbetont, auf Dauer neben seiner Lebensfreude auch seine Leistungskraft. Denn:
- Wer krank ist, kann weder sein Leben in vollen Zügen geniessen, noch ist er voller Leistungskraft.
- Wer einsam ist, ist weder „quietsch-vergnügt“, noch kann er seine volle Energie auf seinen Job verwenden.
- Wer in einer Sinnkrise steckt, ist weder lebensfroh noch sehr leistungsfähig. Denn hinter allem Tun steht die Frage: Was soll das Ganze?
Damit wir ein erfülltes Leben führen, müssen wir also für die rechte Balance zwischen den vier Lebensbereichen sorgen. Hierfür benötigen wir eine Vision unseres künftigen Lebens. Diese brauchen wir auch, weil heute viele Anforderungen an uns gestellt werden, die sich nur bedingt miteinander vereinbaren lassen. Das werden fast alle berufstätigen Mütter und Väter sofort bestätigen.
So sind in den meisten höher qualifizierten Jobs unregelmässige Arbeitszeiten normal. Zumindest für alleinerziehende Mütter und Väter bedeutet dies: Sie können nicht mehr täglich um Punkt 16 Uhr das Büro verlassen. Was sollen sie also tun, wenn der Kindergarten um 16 Uhr schliesst? Noch ein Beispiel: Vielen Führungskräften fällt es zunehmend schwer, aufgrund der vielen Fäden, die auf ihren Schreibtischen zusammenlaufen, regelmäßige private Termine wahrzunehmen. Denn immer wieder gilt es, im Büro noch schnell etwas Wichtiges zu erledigen. Also sind (Interessen-)Konflikte vorprogrammiert.
Herausforderung: Das eigene Leben managen
Hieraus resultiert eine weitere Herausforderung: Wir müssen sozusagen Manager unseres eigenen Lebens werden – also Personen, die durch ihr heutiges Handeln dafür sorgen, dass sie auch künftig ein glückliches und erfülltes Leben führen. Der erste Schritt hierzu besteht darin, dass wir eine Vision von unserem künftigen Leben entwickeln. Setzen Sie sich deshalb an einem ruhigeren Tag oder langen Wochenende hin und fragen Sie sich bezogen auf die vier Lebensbereiche:
- Was ist mir wirklich wichtig?
- Worin zeigt sich für mich ein erfülltes Leben? Und:
- Was sollte ich heute tun, damit ich auch in Zukunft ein glückliches Leben führe?
Fragen Sie sich zudem (regelmässig): Gibt es in meinem Lebensumfeld Anzeichen dafür, dass künftig die Balance in meinem Leben bedroht sein könnte? Das ist gerade in den aktuellen Krisenzeiten extrem wichtig, da sich in ihnen in unserem Lebensumfeld so viel ändert.
Warnsignale können sein:
- Zwischen Ihnen und Ihrem Lebenspartner herrscht zunehmend Schweigen. Auch wichtige Freunde melden sich nicht mehr.
- In Ihrem Betrieb lautet die oberste Maxime plötzlich „sparen“.
- Sie fragen sich immer häufiger: Was soll das Ganze?
- Sie spüren ab und zu ein Stechen in der Herzgegend.
Heute die Basis für ein erfülltes Leben morgen schaffen
Haben Sie diese Fragen für sich beantwortet, dann können Sie konkrete Vorsätze fassen und einen Massnahmenplan entwerfen, wie Sie diese realisieren. Und zwar, ohne dass die Gefahr besteht, dass Sie Ihre Vorsätze schon wieder vergessen haben, kaum sind die Silvesterraketen verglüht. Denn Ihre Vorsätze sind nun in einer Vision von Ihrem künftigen Leben verankert.
Sabine Prohaska, Trainerin, Coach und Inhaberin, Seminar consult. |