Gute Führungskräfte tragen in Unternehmen immer einen entscheidenden Teil zum Erfolg des gesamten Teams bei. Ein Gespräch mit dem Führungskräfte-Coach Johannes Schmeer über unternehmerische Power und lebendige Unternehmenslenker.
Büroblog Schweiz: Sie fordern von Führungskräften unternehmerische Power. Was genau verstehen Sie darunter?
Johannes Schmeer: Unternehmerische Power hat erst mal nichts mit dem Status des Unternehmers zu tun. Es geht vielmehr um die richtige Haltung und das Handeln dieser Menschen. Führungskräfte mit unternehmerischem Mindset übernehmen bei neuen Problemen proaktiv Verantwortung, anstatt sich wegzuducken. Sie treffen zeitnah die fälligen Entscheidungen, anstatt sie auf die lange Bank zu schieben oder sie nach oben zu delegieren. Und schliesslich setzen unternehmerische Führungskräfte ihre Entscheidungen auch tatsächlich um und kommen nicht mit der beliebten Ausrede, dass „der Alltag sie eingeholt“ hätte. Verantworten, Entscheiden, Umsetzen. Das sind die Elementarteilchen unternehmerischer Führung. Man sollte meinen, alle drei Punkte wären eine Selbstverständlichkeit. Doch genau das sind sie leider nicht.
So ein konsequentes unternehmerisches Handeln kostet Führungskräfte doch ganz schön Kraft. Woher soll die kommen?
Viele Führungskräfte arbeiten seit Jahren immer mehr und immer angestrengter. Die abnehmende Motivation ersetzen sie durch Selbstdisziplin. In der Folge führt die zunehmende Unzufriedenheit zu einer inneren Zerrissenheit und die ständigen Machtkämpfe zu gefährlichen Zerwürfnissen. Aus diesem Gemisch heraus entsteht eines sicher nicht: Kraft für unternehmerisches Denken und Handeln. Denn diese Kraft kann nur aus dem Miteinander entstehen. Aus der Art und Weise, wie die Führungskräfte mit dem Team zusammenarbeiten.
Wichtig ist deshalb, dass die Menschen wieder lernen, kraftvoll zu arbeiten anstatt nur angestrengt. Dass sie wieder richtig Spaß haben an dem, was sie tun, und das ist viel mehr, als nur „motiviert“ zu sein. Und schließlich braucht es neuen Einklang, sowohl im Umgang mit den Kollegen als auch mit sich selbst. Dieses lebendige Miteinander bildet dann genau den Kraftstoff und Motor, den es braucht, um der unternehmerischen Verantwortung gerecht werden zu können.
Sie haben gerade ein Buch veröffentlicht. Wie kam die Idee zu diesem?
Seit bald 30 Jahren habe ich viel mit Unternehmen zu tun, auf deren vollem Erfolg noch ein ziemlich dicker Deckel liegt. Und erst einmal irritiert das. Denn meist bieten diese Unternehmen grossartige Produkte oder Dienstleistungen an, die Prozesse sind definiert, das Marketing ist gut und die richtigen Leute sind an Bord. Woran liegt es also, dass die Zahlen noch nicht den Erfolg widerspiegeln, den das Unternehmen eigentlich verdient hat? Das wird klar, wenn man das Führungsteam näher unter die Lupe nimmt. Hier wird deutlich, wie dysfunktional die Zusammenarbeit läuft. Den Ursachen für diese Missstände und vor allem deren Überwindung wollte ich auf den Grund gehen und dazu habe ich dieses Buch geschrieben.
Wer sollte das Buch lesen?
Vom Geschäftsführer bis zum Teamleiter: jede Führungskraft, die den besagten Deckel endlich hochheben will. Sie findet hier Tools, um die eigene Situation zu analysieren und dann auch überwinden zu können.
Sind auch persönliche Erfahrungen mit in das Buch eingeflossen?
Absolut, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. Unternehmerisches Denken und Handeln lag mir schon immer. Zum einen durch das Elternhaus und zum anderen, weil ich seit Jahrzehnten Gesellschafter unseres Familienunternehmens sein darf. Ganz anders war es bei mir mit der Lebendigkeit. Die war mir – ebenfalls geprägt durchs Zuhause – schon in frühen Jahren abhandengekommen und ich musste sie mir über zahlreiche Fort- und Ausbildungen erst wieder erarbeiten. Im Rückblick gibt das viel Sinn, denn heute ist genau das meine Mission, die obersten Führungsteams eines Unternehmens in neue Lebendigkeit und unternehmerisches Mindset zu führen.
Damit lebendig und unternehmerisch geführt wird: Welche Fehler sollten Manager auf jeden Fall vermeiden?
Drei typische Killer von Unternehmertum sind erstens: Überregulierung, die nicht für Klarheit und Fortschritt sorgt, sondern für Verwirrung und Erstarrung. Wenn – zweitens – Führungskräfte bei andauernden Konflikten nicht bereit sind, konsequent die nötigen Schritte zu gehen, zieht das den Leuten ebenfalls den Stecker. Und sehr beliebt ist drittens die Denke, dass es die Unternehmenskultur sei, die mehr Unternehmertum verhindern würde. Mit solchen Ausreden bleibt aber alles nur beim Alten.
Der Lebendigkeit im Team geht es dagegen an den Kragen, wenn zu lange an lieb gewonnenen Lösungen festgehalten wird. Völlig destruktiv ist auch der Irrglaube, dauernd wie eine Maschine funktionieren zu können. Und was fast alle übersehen: Smarte Ziele, so weit verbreitet sie sein mögen, sind zu oft kraft- und saftlos. Ganz schlechte Voraussetzungen, um am Ende erfolgreich sein zu können.
Vielen Dank.