Es konnte bis heute nicht zweifelsfrei festgestellt werden, wer die moderne Büroklammer erfunden hat. Sicher ist aber, dass sie für viele Norweger einen besonderen Stellenwert einnimmt und dass die Amerikaner jedes Jahr am 29. Mai den Tag der Büroklammer feiern, den National Paperclip Day. Eine historische Entdeckungsreise.
Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung wird dieses unscheinbare Ding in Büroumgebungen und an heimischen Schreibtischen heute zwar etwas weniger verwendet, trotzdem ist es noch an vielen Orten anzutreffen – ob in Schreibtischschubladen, Stifteköchern oder Ablagen. Aber wie fand die Büroklammer eigentlich ihren Weg in die moderne Bürowelt?
Erste Patente und verschiedene Erfinder
Das Early Office Museum listet mehr als 20 Patente und Erfinder auf. Schon 1867 hat sich der Amerikaner Samuel B. Fay beispielsweise ein betreffendes Patent ausstellen lassen. Seine Klammer war aber nur eine Art Vorläufer des heute bekannten Modells. Um 1890 wurde dann der heute noch weit verbreitete Typ von der britischen Gem Manufacturing Company auf den Markt gebracht und etwas später auch industriell hergestellt. Besonders vehement reklamieren allerdings die Norweger die Erfindung der Büroklammer für sich. Interessant dabei ist, dass der Norweger Johan Vaaler sein Patent erst 1899 hatte registrieren lassen. Und im Anschluss hatte er es nicht einmal vermarktet.
Eine Klammer als Symbol des Widerstands
Damit die besondere Bedeutung der Büroklammer für die Norweger besser verstanden werden kann, muss man bis in das Jahr 1940 zurückgehen, als die deutsche Wehrmacht das skandinavische Land besetzte. Das Tragen der Büroklammer am Kragen wurde damals zu einem Symbol der Solidarität der Norweger untereinander. Zudem war es Ausdruck ihrer Loyalität zum König, der ins Exil nach England gegangen war. Die dahinter stehende Losung hiess: „Wir halten zusammen“. Sehr bald war das Tragen der Büroklammer aber unter Androhung harter Strafen durch die Besetzer verboten. Nicht wenige Norweger wurden deshalb für das Tragen einer Büroklammer ins Gefängnis gesteckt. So ist es wenig überraschend, dass die heute mit sieben Metern grösste Büroklammer der Welt in Oslo steht – als Symbol für den Widerstand gegen die Nazis.
Inspiriert vom norwegischen Mythos wiederum knüpfte 1998 das weltweit bekannt gewordene Büroklammern-Projekt der Whitwell Middle School in Tennessee an: Dort entstand ein Denkmal aus sechs Millionen Büroklammern für sechs Millionen Opfer des Holocaust.
So vielseitig und vielfältig: die Büroklammer
Diese symbolischen Bedeutungen sind schon erstaunlich, gerade wenn man bedenkt, dass es sich nur um ein gebogenes Drahtstück handelt, das erfunden wurde, um für mehr Ordnung in Unterlagen zu sorgen. Vielleicht hat zur Langlebigkeit des unscheinbaren Produktes beigetragen, dass die Möglichkeiten der Zweckentfremdung bei der Büroklammer besonders vielfältig sind: ob als Zahnstocher, Pfeifenreiniger, Türöffner, Lesezeichen, Fingernagelreiniger usw. Als Hilfsassistent „Karl Klammer“ in der Office-Serie von Microsoft hat die Büroklammer sogar den Sprung in die digitale Welt geschafft.
Was es sonst noch zu entdecken gibt
Büroklammern gibt es heute in spitzer, runder und dreieckiger Form. Es gibt glatte, gewellte, verkupferte, verzinkte, vernickelte und welche aus Kunststoffen (zum ersten Mal 1953 von Laurel). Als Präsente sind sogar vergoldete und versilberte Klammern erhältlich. Wie eingangs erwähnt, ist es mit dem Voranschreiten der Digitalisierung etwas stiller geworden um die Büroklammer. Verschwunden ist sie aber noch lange nicht.
Büroklammern lassen sich auch ausserhalb ihres natürlichen Habitats, des Schreibtischs am Arbeitsplatz, sehr gut verwenden. Ein Video zu Lifehacks, eine (etwas in die Jahre gekommene, aber immer noch sehenswerte) Twitter-Gruppe zu #Büroklammerkunst und eine Website mit unzähligen geometrischen Kunstfiguren aus Büroklammern sind Beispiele dafür, wie weit sich das kleine Drahtstück abseits des Büroumfelds in unserer Kultur verbreitet hat.