„Hannes managt“. Eine Business-Satire #6/7

„Han­nes managt“ ist eine Geschich­ten­se­rie mit fein­sin­ni­ger Sati­re aus den und über die Manage­ment­eta­gen. Im sech­sten Teil zeigt Ste­fan Häse­li, wie man mit ein­fa­chen Mit­teln das Image des Unter­neh­mens aufpoliert.

Mit der richtigen Idee kann jeder Marktführer werden. Abbildung: Diego Ph, Unsplash
Mit der rich­ti­gen Idee kann jeder Markt­füh­rer wer­den. Abbil­dung: Die­go Ph, Unsplash

Die Zah­len des ver­gan­ge­nen Jah­res spre­chen eine deut­li­che Spra­che. Das Unter­neh­men, in dem Han­nes die Pro­duk­ti­ons­lei­tung seit eini­gen Jah­ren inne­hat, ist wie­der ein­mal mit­ten im finan­zi­el­len Gewit­ter. Die Zei­ten, in denen Gewinn­war­nung ledig­lich mein­te, dass es even­tu­ell im näch­sten Jahr eine nicht ganz so eine gros­se Stei­ge­rung des Gewinns geben könn­te, sind vor­bei. Gewinn­war­nung erhält end­lich die Bedeu­tung, die es hat. Viel­leicht müss­te man das Wort auch auf Ver­lust­war­nung umtaufen.

Der einstige Fehlentscheid

Schliess­lich zeich­net sich ab, was Han­nes ver­mu­tet hat. Die von der Geschäfts­lei­tung initi­ier­te orga­ni­sa­to­ri­sche Übung, die Lager­hal­tung auf zwei Län­der auf­zu­tei­len, hat sich nicht bewährt. Der Logi­stik­auf­wand war zu gross. Dar­um hat man beschlos­sen, gleich eines der Aus­lie­fe­rungs­la­ger zu schliessen.

Viel­leicht war der Zeit­punkt nicht ganz ide­al. Genau in dem Monat, in dem der gröss­te Aus­lie­fe­rungs­druck herrsch­te, wur­de umdis­po­niert. Der dar­aus ent­ste­hen­de Rück­stand von meh­re­ren tau­send Auf­trä­gen erbrach­te fast eben­so vie­le Kun­den­stor­nie­run­gen. Han­nes hät­te es gewusst, war aber unter­le­gen in der Schluss­ab­stim­mung. Man mein­te, dass er, unter­des­sen der Älte­ste im Gre­mi­um, kei­nen Mut mehr zu Ver­än­de­run­gen hät­te. Als Dank darf er jetzt zu Hän­den des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­ant­wort­li­chen die Pres­se­mit­tei­lung ver­fas­sen. Man mein­te, dass es in Han­nes’ Abtei­lung haper­te. Von daher sei er ja prä­de­sti­niert, hier etwas Aus­sa­ge­kräf­ti­ges zu formulieren.

Die Marktführerposition kreieren

Han­nes hat die Vor­ga­be, dass die Pres­se­mit­tei­lung als ein Zei­chen der Stär­ke gese­hen wer­den sol­le, schliess­lich sei sein Unter­neh­men ja Markt­füh­rer. Han­nes stol­pert bereits über das Wort Markt­füh­rer. Wo, wann, Markt­füh­rer? Das Unter­neh­men ist weder das gröss­te, noch hat es den gröss­ten Umsatz, als Ver­lust­füh­rer will man ja nicht gel­ten. Die höch­ste Kun­den­zu­frie­den­heit hat man auch nicht. Aber wie kriegt man Markt­füh­rer trotz­dem hin?

Han­nes stu­diert, wie eigent­lich „Entre­pre­neur des Jahres“-Pokale ver­ge­ben wer­den. Da leuch­tet ihm ein Licht auf. Ist ja nicht schwer, man biegt sich Kate­go­rien so lan­ge hin, bis es nur noch einen übrig hat. So wird schluss­end­lich jeder „Entre­pre­neur des Jah­res“. Klar!

Entrepreneur des Jahres werden

Wer in der Kate­go­rie „Unter­neh­mer, die über 20 Jah­re, aber nicht mehr als 22 Jah­re im Markt sind, kein Stu­di­um haben, Links­hän­der sind, zwei Mal durch die Füh­rer­schein­prü­fung gefal­len sind, nie eine Stun­de Mar­ke­ting stu­diert haben und trotz­dem von etwas leben kön­nen“ übrig bleibt, gewinnt!

Also über­legt sich Han­nes, wo sein Unter­neh­men Markt­füh­rer ist. Es stellt neben vie­lem ande­ren ja auch Werk­zeug­tei­le für die Mon­ta­ge von Löf­fel-Ein­wurf-Moto­ren in öffent­li­chen Kaf­fee­au­to­ma­ten her. Da gibt’s schon mal nicht vie­le, da ist man bereits fokus­siert. Tie­fe statt Brei­te ist ja so oder so das Mar­ke­ting-Cre­do der Stunde.

Klarer Marktführer im Segment

Von die­sen Her­stel­lern für Werk­zeug­tei­le für die Mon­ta­ge von Löf­fel-Ein­wurf-Moto­ren in öffent­li­chen Kaf­fee­au­to­ma­ten gibt es wie­der­um noch weni­ger Unter­neh­men, die es bereits über fünf Jah­re gibt und die in die­ser Zeit höch­stens vier Mal den Chef aus­ge­wech­selt haben. Dazu Lager­hal­tun­gen in zwei Län­dern und gleich­zei­tig alle Cha­rak­ter­ty­pen von Mit­ar­bei­tern nach dem DISG-Pro­fil haben. Und von die­sen wie­der­um sind sie die Ein­zi­gen, die trotz Ver­lust noch alle die eige­ne Kaf­fee­tas­se am Arbeits­platz haben können.

Ja! Han­nes fasst zusam­men und tak­tet auf der Tasta­tur: „Wir sind in einem schwie­ri­gen Markt. Trotz allem haben wir es zum Markt­füh­rer gebracht. Denn wir sind klar und unan­ge­foch­ten die Num­mer eins im Markt für Werk­zeug­her­stel­ler für die Mon­ta­ge von Löf­fel-Ein­wurf-Moto­ren in öffent­li­chen Kaf­fee­au­to­ma­ten, die es bereits über fünf Jah­re gibt und die dabei höch­stens vier Mal den Chef aus­ge­wech­selt haben und Lager­hal­tun­gen in zwei Län­dern sowie Cha­rak­ter-Typen von Mit­ar­bei­tern nach dem DISG-Pro­fil haben, die alle­samt alle die eige­ne Kaf­fee­tas­se am Arbeits­platz benutzen.“

„Wow“ ist Han­nes stolz und erleich­tert. Zur Not, wenn es noch einen zwei­ten Anbie­ter die­ser Art gäbe, wür­de er sich noch kur­zer­hand zum Links­hän­der erklä­ren. Denn der ande­re hat sicher­lich kei­nen Pro­duk­ti­ons­chef, der Pres­se­mit­tei­lun­gen „mit links“ schreibt …

Ste­fan Häseli,

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­te, Spea­k­er, Coach und Autor.

stefan-haeseli.com

 

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