„Hannes managt“ ist eine Geschichtenserie mit feinsinniger Satire aus den und über die Managementetagen. Im zweiten Teil der Reihe beschreibt Autor Stefan Häseli, wie die Digitalisierung voranschreitet und was dabei schon für tolle Möglichkeiten zum Datensammeln entstanden sind.
Die Schlagworte dieser Zeit heissen „Digitalisierung“, „Agiles Management“ und „Disruption“. Selbstverständlich sind das in Hannes’ Firma nicht bloss Schlagworte. Als globalisiertes Produktionsunternehmen haben diese Themen in den vergangenen Monaten die Agenda bestimmt. Mit den geeigneten Massnahmen sind die Themen durchaus gut umgesetzt worden, womit auch die Markfähigkeit sichergestellt ist.
Nun ist aber heute Vormittag in der Geschäftsleitungssitzung beschlossen worden, dass im Bereich der Digitalisierung eine neue Dimension der Durchdringung angestrebt werden soll. Nicht nur die Administration ist automatisiert und die Produktion schon längst auf Industrie 4.0 getrimmt, sondern auch der Alltag soll nun eine neue Transformationsstufe erklimmen. So der Beschluss der Geschäftsleitung.
Digitalisierung hält im Alltag Einzug
Nun geht es an die konkrete Umsetzung – eine von Hannes Stärken. Damit ist er wieder einmal in der „glücklichen“ Lage, in drei Tagen (man lebt ja in agilen Zeiten) die Geschäftsführung von seinen Umsetzungsskizzen zu überzeugen. Er geht wie gewohnt strukturiert zu Werke. Internet der Dinge und die totale Vernetzung gehören jetzt auch dorthin, wo sie das Unternehmen im Mikrobereich vorwärtsbringen. Also beginnt Hannes dort, wo sich die Menschen jeden Tag aufhalten: auf der Toilette.
Der Stuhlgang wird vernetzt
Die Sache mit getrennten Kabäuschen für Frauen und Männer ist durch. Es soll auf Unisex umgestellt werden. Gleichzeitig soll aber mit flexiblen Zwischentüren sichergestellt werden, dass sich die Geschlechter nicht in die Quere kommen. Die Steuerung sieht folgenden Prozess vor: Die den Frauen zugeteilten Wasserbecher sind leicht schlanker, als diejenigen der Männer. Die Ausgabesteuerung der Wasserbecher stellt fest, wie viele Frauen und wie viele Männer wie viel Wasser trinken. Das ergibt einen Datensatz, der weiss, dass rund 30 Minuten später dieses Wasser wieder raus muss. Entsprechend steuert das System die Trennungstüren frühzeitig, denn es ist ja bis auf die dritte Stelle hinter dem Komma klar, wie viele Frauen und Männer innerhalb der nächsten 30 Minuten die Toiletten aufsuchen.
Bis hin zur Küche
Das System der Toilette erkennt wiederum die Konsistenz und Farbe des Hinterlegten. Diese Information wird in Echtzeit an die Steuerungen der Kaffeemaschinen und der Küche in der Betriebskantine übermittelt. Denn sobald aufgrund der Daten klar ist, dass zu wenige Vitamine eingenommen wurden, reagiert die Küche sofort. Es geht sogar so weit, dass die Zutrittskontrolle beim Eingang der Betriebskantine die Checkkarte des Mitarbeiters erkennt. Sofort werden beispielsweise sämtliche Selbstbedingungsboxen für Fleisch geschlossen, sobald er oder sie sich dort bedienen will. Dafür steht der Zugang zum Salatbuffet weit offen. Denn eines ist klar: Diese Informationen dienen ausschliesslich dazu, dass die Gesundheit der Mitarbeiter höher und die Ausfallszeiten kleiner werden.
Das sind unverkennbare Vorteile der Digitalisierung. Dass Kaffeemaschinen aufgrund der Vibration der bedienenden Finger spüren, wie stark die Dosierung sein muss, ist nicht neu. Neu kann aber die Kaffeemaschine dank dem Internet der Dinge direkt mit dem Wasserspender und den Toilettentüren kommunizieren, um die Folgen von Kaffee zu organisieren.
Der Parkplatz wird digital
Im nächsten Schritt vernetzt Hannes die Parkplatzsensoren. Diese stellen fest, welches Fahrzeug mit wie viel Sorgfalt geparkt wurde. Aufgrund einer berechneten Nervosität wird der Rechner des Mitarbeiters gestartet, damit dieser sich bereits an einen eingeschalteten Computer setzen kann. Ein laufender Computer hemmt den Mitarbeiter zudem, sich bereits frühzeitig – also eigentlich vor der Arbeit – einen Kaffee zu genehmigen. Holt der Mitarbeiter sich trotzdem einen, gibt die Steuerung wiederum der Getränkeausgabe im Zwischengeschoss den Auftrag, dass beim nächsten Getränk zwingend Vitamin-C-haltiger Orangensaft ausgegeben wird.
Hannes skizziert und überprüft seine Umsetzungsmassnahmen. Es stellt sich nun noch die Frage, wo all diese Daten gespeichert werden sollen. Amerika war lange im Verruf, ist aber jetzt wieder eine valable Alternative. Denn dank des ausgeschiedenen Präsidenten gibt’s Mauern und das Land hat sich abgeschottet. Sicherer geht es nicht und allfällige Sicherheitslücken werden dem Kaffeeautomaten sicherlich frühzeitig von einem russischen Rechner aus gemeldet.
Stefan Häseli, Kommunikationsexperte, Speaker, Coach und Autor. |