„Hannes managt“. Eine Business-Satire #4/7

„Han­nes managt“ ist eine Geschich­ten­se­rie mit fein­sin­ni­ger Sati­re aus den und über die Manage­ment­eta­gen. Im vier­ten Teil der Rei­he beschreibt Autor Ste­fan Häse­li die klei­nen und gros­sen Haken bei der Umset­zung einer Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie in Unternehmen.

Nachhaltigkeit wird in immer mehr Unternehmen auf verschiedene Art und Weise umgesetzt. Abbildung: Picography, Pexels
Nach­hal­tig­keit wird in immer mehr Unter­neh­men auf ver­schie­de­ne Art und Wei­se umge­setzt. Abbil­dung: Pico­gra­phy, Pexels

„Auch das noch“, denkt sich Han­nes. Wie­der mal ist ihm in der Geschäfts­lei­ter­sit­zung das Detail­kon­zept auf­ge­halst wor­den. Das Unter­neh­men hat sich eine neue Teil­stra­te­gie gege­ben. Neben den klas­si­schen Erfolgs­fak­to­ren hat es sich „Nach­hal­tig­keit“ auf die Fah­ne geschrie­ben. Das inter­na­tio­na­le Öko­la­bel soll ange­strebt wer­den, damit der Kun­de weiss, dass hier nicht nur gut, son­dern auch nach­hal­tig und bio­lo­gisch gear­bei­tet wird. Selbst­ver­ständ­lich sind die gros­sen Brocken bereits umge­setzt. Dass die Pro­duk­ti­on mög­lichst ener­gie­arm läuft, ist Vor­schrift. Dass das Ent­sor­gungs­kon­zept der Nach­hal­tig­keit unter­liegt, ist weder neu, noch freiwillig.

Die Auswirkungen im Alltag

Im All­tag aber gibt’s noch Poten­zi­al. Hier soll der Hebel ange­setzt wer­den. Denn Öko­lo­gie gehört nicht nur in die Fabri­ka­ti­ons­hal­len, son­dern in den All­tag aller betrieb­li­chen Detail­ab­läu­fe. Erst dann erreicht man das Bewusst­sein der Mit­ar­bei­ter und schliess­lich der Kun­den. Han­nes ist etwas rat­los. Er sitzt unin­spi­riert am Com­pu­ter, hat ein Word-Doku­ment geöff­net, Titel gesetzt und Platz für Illu­stra­tio­nen aus­ge­spart. Und nun klemmt’s.

Er steht auf, denn Bewe­gung bringt auch das Hirn in die Gän­ge. Die besten Ideen sprin­gen einen oft dann an, wenn man durch die Kor­ri­do­re schlen­dert oder vor dem Objekt steht. Das hat Han­nes wie­der­holt erlebt.

Die Suche nach Möglichkeiten

Bereits in sei­nem Büro beginnt er mit den ersten Noti­zen. Dass die Stand-by-Funk­ti­on des PCs etwas frü­her ein­set­zen kann, damit hat er sich schon beschäf­tigt. Aber wie wäre es, wenn die Bild­schirm­dar­stel­lung etwas unschär­fer und klei­ner wäre? Das wür­de sicher Strom spa­ren. Er notiert es sich. Dass die Mikro­fa­ser­tü­cher, die für die klei­ne „Rei­ni­gung“ zwi­schen­durch an jedem Arbeits­platz lie­gen, viel Che­mie ent­hal­ten, ist so gut wie sicher. Also: „Mikro­fa­ser-Tücher durch Woll­lap­pen aus ein­hei­mi­scher Pro­duk­ti­on erset­zen“. Han­nes ist über­zeugt, dass gera­de mit zahl­rei­chen Detail­lö­sun­gen der ent­schei­den­de Effekt erreicht wird und die Mit­ar­bei­ter für das The­ma sen­si­bi­li­siert werden.

Dass die Abwär­me des PCs und des Druckers für die Kaf­fee­ma­schi­ne genutzt wer­den kann, ist sinn­voll – es muss ein­fach noch tech­nisch umge­setzt wer­den. Aber es fin­det sich sicher jemand, der das in die Hand nimmt.

Der Blick auf das Ungewöhnliche

Toi­let­ten sind Her­de von Ener­gie­ver­schleiss. War­um muss der Raum so hell beleuch­tet sein? Wer ihn nicht aus­wen­dig kennt, ist nicht wach genug und hat im anspruchs­vol­len Geschäfts­all­tag nichts ver­lo­ren. Ener­gie­spar­lam­pen sind gut – aber kei­ne Lam­pe ist noch bes­ser. Zudem hat die Toi­let­te ein Fen­ster. Die­ses lässt genü­gend Licht her­ein. In den Win­ter­mo­na­ten ist dar­an zu den­ken, das Geschäft vor Ein­bruch der Dun­kel­heit noch­mals zu erle­di­gen, damit die Bla­se bis Fei­er­abend durchhält.

Die Kaf­fee­ecke hat eben­falls öko­lo­gi­sches Poten­zi­al. Kaf­fee­ma­schi­nen wer­den schon län­ger auf Stand-by gesetzt. Aber der zeit­li­che Ablauf kann opti­miert wer­den: Heis­ser Kaf­fee ist nur zwi­schen neun und zehn Uhr erhält­lich. Die aus­ge­wor­fe­nen Nes­pres­so-Kap­seln wer­den im Schnell­ver­fah­ren ver­brannt und deren Abwär­me für die Zeit­pe­ri­ode von elf bis zwölf Uhr in Strom gewan­delt. „Eine inno­va­ti­ve und visio­nä­re Idee“, ist Han­nes über­zeugt und lächelt zufrie­den vor sich hin.

Innovative Details machen den Unterschied

Die Zei­tun­gen in der Betriebs­kan­ti­ne haben am Abend ihren Zweck erfüllt und lan­den in der Ent­sor­gung. Hier soll­te über­legt wer­den, ob und wie die­se anfal­len­den Papier­ki­los noch­mals zu ver­wen­den sind. Zum Bei­spiel als Saug­pa­pier im Ent­feuch­tungs­ap­pa­rat im Ser­ver­raum. Oder kunst­voll gefal­tet als Ein­weg-Han­dy­hül­le, um auch bei jenen Gerä­ten die Lang­le­big­keit zu för­dern, ohne pro­fan-gif­ti­ge Kunst­stoff­hül­len, son­dern in öko­lo­gisch hoch­wer­ti­gen Schutzhüllen.

Han­nes kommt in Fahrt. Es macht ihm Spass, an Details zu fei­len und inno­va­ti­ve Lösun­gen zu fin­den. Er notiert Stich­wor­te und zählt die Ideen. Sämt­li­che Pro­duk­te aus der Pro­duk­ti­on sol­len mit einem grü­nen Punkt ver­se­hen wer­den, damit die Kun­den die Bemü­hun­gen wirk­lich wahr­neh­men. Han­nes‘ Fan­ta­sie befeu­ert einen wei­te­ren inno­va­ti­ven Vor­schlag. Im Ein­gangs­be­reich des Unter­neh­mens soll Vogel­ge­zwit­scher durch ein Qua­dro­pho­nie-Laut­spre­cher-System ein­ge­spielt wer­den. Die Ener­gie dafür wird auf dem Dach gewon­nen, im haus­ei­ge­nen Kraft­werk, das mit dem gesam­mel­ten Kot der ech­ten Vögel gespeist wird.

Mal ein Auge zudrücken

Poten­zi­al sich­tet Han­nes auch in der Betriebs­kan­ti­ne. Selbst­ver­ständ­lich sol­len alle Spei­sen aus hei­mi­scher Pro­duk­ti­on stam­men. In einer Über­gangs­pha­se wird „hei­misch“ so defi­niert, dass die Lebens­mit­tel aus einem Land stam­men, aus dem min­de­stens ein Mit­ar­bei­ter her­kommt. Bei 25 ver­schie­de­nen Natio­nen muss man sich so nicht all­zu stark ein­schrän­ken. Zu guter Letzt soll in der Rau­cher­ecke im Innen­hof der Rauch als Abluft gesam­melt eine Mini­tur­bi­ne antrei­ben. Die­se wie­der­um wird genutzt, um die grü­nen Auf­kle­ber für die Pro­duk­te zu stan­zen. Öko­lo­gie setzt vor­aus, ver­netzt und in kom­ple­xen Syste­men zusam­men­hän­gend zu den­ken und zu handeln.

Nun gut – das papier­lo­se Büro lässt noch auf sich war­ten. Aber schliess­lich muss das Kon­zept auch ohne Ener­gie an allen Arbeits­plät­zen les­bar sein. Dafür braucht es beim besten Wil­len bedruck­tes Papier.

Ste­fan Häseli,

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­te, Spea­k­er, Coach und Autor.

stefan-haeseli.com

 

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