Die Arbeit von zu Hause, zu der viele seit Beginn der Pandemie übergegangen sind, birgt einige Herausforderungen. Neue Untersuchungen vom Büroeinrichtungsexperten Steelcase haben nachgewiesen, dass das Homeoffice für einige mit deutlich mehr Schwierigkeiten verbunden ist als für andere.
Eine der Kernaussagen der Steelcase-Studie lautet, dass dauerhaftes Arbeiten im Homeoffice zu einem unerwünschten Gefälle zwischen den Mitarbeitenden führen kann, da die Rahmenbedingungen bei der Arbeit für einige nicht ideal sind. Diese suboptimalen Umstände können laut Studie bei dieser Gruppe dazu führen, dass das Wohlbefinden nachlässt und der Stress zunimmt. Das wiederum habe zur Folge, dass Produktivität und Engagement nachlassen. 72 Prozent aller Unternehmen weltweit möchten in Zukunft hybride Arbeitsstrategien anwenden, also den Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, einen Teil der Zeit von zu Hause zu arbeiten. Deshalb sei es umso wichtiger zu verstehen, dass die Rahmenbedingungen im Homeoffice oft sehr unterschiedlich sind.
Ausstattung im Homeoffice
Laut den Initiatoren der Studie können die Angestellten anhand ihrer Rahmenbedingungen im Homeoffice in zwei Gruppen aufgeteilt werden – in diejenigen, die „gut ausgestattet“ sind und diejenigen, die „schlecht ausgestattet“ sind. Und diese Voraussetzungen wirken sich direkt auf die Leistungsfähigkeit aus. Das Steelcase-Forschungsteam analysierte demographische Muster, die Qualität der Arbeitsbedingungen und die Ausrüstung, die den Angestellten zur Verfügung stand (wie zum Beispiel schnelles Internet, ein ergonomischer Stuhl oder Tisch, ein zweiter Bildschirm usw.). Dann prüften sie, wie sich diese Faktoren auf Wohlbefinden, Stresslevel und Leistung sowie Engagement, Produktivität und Teamzusammenhalt auswirkten.
Rahmenbedingungen im Homeoffice
Das Ergebnis: Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen im Homeoffice und dem Wohlbefinden und Stressniveau. Dies wiederum wirkt sich direkt auf die Leistung aus. Je besser die Arbeitsbedingungen, desto weniger Stress kommt beim Mitarbeitenden auf und desto besser die Arbeitsergebnisse. Das ist die gute Nachricht. Leider gibt es auch eine schlechte: Nicht jeder kann von guten Arbeitsbedingungen profitieren. Einige Mitarbeitende haben deutlich höhere Erfolgschancen als andere, deren Rahmenbedingungen schwieriger sind.
Vorteile für die „gut ausgestattete“ Gruppe
Es kursieren immer wieder Bilder von Menschen, die mit ihrem Laptop auf dem Sofa lümmeln. In Wirklichkeit ist es allerdings so, dass die Arbeit im eigenen Arbeitszimmer am leichtesten von der Hand geht. Die Produktivität der „gut ausgestatteten“ Gruppe ist zwar nicht ganz so hoch wie vor der Pandemie, aber deutlich höher als bei den Kollegen, denen kein separater Bereich zum Arbeiten zur Verfügung steht. Und ihr Engagement hat im Laufe der Krise sogar zugenommen. Diese Gruppe hat die besseren Rahmenbedingungen und die nötigen Ressourcen, um ihre Aufgaben gut zu erledigen, sowie mehr visuelle und akustische Privatsphäre. Den meisten der „gut ausgestatteten“ Angestellten stehen ein ergonomischer Stuhl und ein Tisch zur Verfügung.
All dies wirkt sich nachweislich auf ihr Stressniveau aus: Sie sind weniger gestresst, ihr Wohlbefinden ist höher. Beide Aspekte wirken sich positiv auf ihre Leistung aus. Am meisten profitieren einkommensstarke Männer in Führungsposition von diesen Vorteilen. Kurz gesagt: Die demographischen Gruppen, die bereits vor der Pandemie zur „gut ausgestatteten“ Gruppe gehörten, geniessen auch bei der Arbeit von zu Hause mehr Vorteile.
Nachteile für die „schlecht ausgestattete“ Gruppe
Die Situation ist für Menschen, die in Bereichen mit Mischnutzung oder an temporären Arbeitsplätzen zu Hause arbeiten, völlig anders. Da diese Bereiche nicht ausschliesslich für einen Zweck verwendet werden, haben die Nutzer weniger Kontrolle über ihre visuelle und akustische Privatsphäre. Sie werden häufiger unterbrochen und haben eher Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Ihnen stehen viel seltener ein ergonomischer Stuhl oder Tisch und praktisches Zubehör wie ein zweiter Bildschirm zur Verfügung. Diese mangelnde Kontrolle und der fehlende körperliche Komfort beeinträchtigten ihr Wohlbefinden. Ihr Stresslevel ist höher und ihre Gesamtsituation deutlich schwieriger. Es ist also kein Wunder, dass das Engagement und die Produktivität nachlassen. Leider ist es keine Überraschung, dass mehrheitlich Frauen, die in der Unternehmenshierarchie weiter unten stehen und weniger Geld verdienen, unter diesen Bedingungen arbeiten. Die Benachteiligung, die bereits vor der Pandemie vorhanden war, hat sich durch die Arbeit im Homeoffice zusätzlich verschärft.
Eine inklusive Strategie
Wenn Unternehmen besser verstehen, wie sich die Rahmenbedingungen im Homeoffice auf die Performance und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden auswirken, können sie Richtlinien und Vorgaben definieren, von denen alle profitieren. Sie können dafür sorgen, dass es keine Angestellten gibt, die sich isoliert und abgehängt fühlen, indem sie jedem eine gute Ausrüstung zur Verfügung stellen. Finanzielle Anreize können zwar hilfreich sein, vielen Angestellten ist aber nicht bewusst, wie sie ihre Arbeitsbedingungen und damit ihre Produktivität zu Hause verbessern können. Zum Beispiel besitzt weniger als ein Drittel der Menschen, die in Bereichen mit Mischnutzung oder an temporären Arbeitsplätzen arbeiten, einen ergonomischen Stuhl. Dieses Möbelstück hat aber einen grossen Einfluss auf das Stressniveau und das Wohlbefinden und somit auf die Produktivität.
Einfluss auf die Arbeitsbedingungen im Homeoffice
Führungskräfte können ihren Mitarbeitenden vielleicht zu einem besseren Stuhl oder Bildschirm verhelfen. Sie haben aber keinen Einfluss darauf, ob im Zuhause der Mitarbeitenden genügend Platz für einen separaten Arbeitsbereich zur Verfügung steht. Deshalb sollten Unternehmen bei der Entscheidung, ob und inwieweit sie hybride Arbeitsmodelle zulassen, berücksichtigen, dass der Übergang zu mehr Arbeit im Homeoffice zur Folge haben kann, dass einige Mitarbeitende in einer benachteiligten Position sind. Sie sollten bereits bei der Planung der Rückkehr ihrer Mitarbeitenden ins Büro dafür sorgen, dass der Arbeitsplatz eine ausgleichende Wirkung hat. Im Idealfall wird die Arbeitsumgebung inklusiv gestaltet. Die Arbeitsumgebung wird in diesem Fall so ansprechend sein, dass die Mitarbeitenden gern ins Büro kommen, da sie ihrer Arbeit dort besonders gut nachgehen können.