2025: Das Jahr, in dem die Kommunikation menschlich blieb

2025 war kom­mu­ni­ka­tiv ein Jahr zwi­schen „Wow“ und „Autsch“. Zwi­schen künst­li­cher Intel­li­genz, ech­ter Empa­thie und jeder Men­ge Miss­ver­ständ­nis­sen. Nie war Reden so ein­fach und Ver­ste­hen so schwie­rig. Der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­te Ste­fan Häse­li schaut bei die­sem Rück­blick etwas genau­er hin.

Stefan Häseli ist Experte für glaubwürdige Kommunikation und Auftrittskompetenz, Keynote-Speaker, Radio-Moderator und Autor mehrerer Bücher. Abbildung: Stefan Häseli
Ste­fan Häse­li ist Exper­te für glaub­wür­di­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on und Auf­tritts­kom­pe­tenz, Key­note-Spea­k­er, Radio-Mode­ra­tor und Autor meh­re­rer Bücher. Abbil­dung: Ste­fan Häseli

Einer der Sät­ze, der in die­sem Jahr in der Schweiz Geschich­te geschrie­ben hat, kam in einer schwe­ren Stun­de von Mat­thi­as Bell­wald, dem Gemein­de­prä­si­dent von Blat­ten (Kan­ton Wal­lis): Das Dorf wur­de durch Glet­scher­ab­bruch und einen ver­hee­ren­den Fels­sturz prak­tisch voll­stän­dig zuge­schüt­tet. Auf der Pres­se­kon­fe­renz präg­te Bell­wald die­se Aus­sa­ge: „Blat­ten hat das Dorf ver­lo­ren, aber nicht das Herz.“ Es folg­te eine Pau­se. Dann fuhr er fort: „Umar­men wir uns!“ Genau das tat er dann mit sei­nem Gemeinderatskollegen.

Die KI spricht fließend – aber nicht unbedingt sinnvoll

Die­se Aus­sa­ge deckt auf einen Schlag auf, was das The­ma des Jah­res nicht kann: KI kann vie­les, aber nicht empa­thisch sein. Wer sich die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­trends im Jahr 2025 anschaut, kommt nicht umhin, die künst­li­che Intel­li­genz – oder, wie der Theo­lo­ge und Phi­lo­soph Prof. Dr. Peter G. Kirch­schlä­ger sie nennt: daten­ba­sier­te Syste­me – auf­zu­füh­ren. Immer mehr Unter­neh­men setz­ten auf auto­ma­ti­sier­te Kom­mu­ni­ka­ti­on, wäh­rend gleich­zei­tig die Zahl jener wuchs, die sich nach ech­tem Dia­log sehn­ten. ChatGPT, Copi­lot und Co. ver­fas­sen E-Mails, Pres­se­mit­tei­lun­gen und Reden in Sekun­den. Wer aber genau hin­schaut, merkt: Die Wor­te sind kor­rekt, aber oft see­len­los. Kom­mu­ni­ka­ti­on wird schnel­ler, aber nicht zwin­gend besser.

In der inter­nen Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on hat sich wenig ver­än­dert, sie ist nur digi­ta­ler gewor­den. Teams füh­ren ihre Mee­tings hybrid, Emo­tio­nen blei­ben auf hal­ber Strecke zwi­schen Bild­schirm und Büro­tür hän­gen. Füh­rungs­kräf­te mer­ken, dass digi­ta­le Tools kein Ver­trau­en schaf­fen, son­dern höch­stens über­tra­gen. Wer ver­stan­den wer­den will, muss wie­der per­sön­lich werden.

Krisenkommunikation bleibt Hochleistungssport

Unter­neh­men müs­sen täg­lich bewei­sen, dass sie nicht nur reagie­ren, son­dern auch agie­ren kön­nen. Die erfolg­reich­sten Kri­sen­ma­na­ger 2025 waren jene, die nicht nur rede­ten, son­dern erklär­ten, zuhör­ten und kon­se­quent blie­ben. Deut­lich wur­de die Wirk­sam­keit einer kla­ren, fak­ten­ba­sier­ten Kri­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on im Juni 2025, als Citro­ën in der Schweiz für meh­re­re tau­send Fahr­zeu­ge ein sofor­ti­ges Fahr­ver­bot aus­sprach. Statt abzu­wie­geln, kom­mu­ni­zier­te der Her­stel­ler gemein­sam mit den zustän­di­gen Stel­len offen über das Risi­ko und gab eine kla­re Hand­lungs­an­wei­sung. Die Bot­schaft: Wir haben zuge­hört, die Lage geprüft und ent­schei­den jetzt zugun­sten der Sicher­heit. Genau die­ses Drei­schritt-Muster – wahr­neh­men, ein­ord­nen, dann spre­chen – wird in der öffent­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on oft gefor­dert, aber sel­ten so kon­se­quent umgesetzt.

Im Kommunikationsrauschen das Schweigen entdecken

Das bewuss­te Weg­las­sen wird zur neu­en Kunst­form und manch­mal zur wirk­sam­sten Bot­schaft über­haupt. Viel­leicht hat man sich im Jahr 2025 etwas zu viel vom US-ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten Donald Trump und sei­nem Social-Media-Geba­ren ver­lei­ten las­sen, alles zu kom­men­tie­ren. Und hat dann eben doch fest­ge­stellt, dass die Inhal­te „dank“ die­ser hohen Kadenz sehr schnell an Wir­kung ver­lie­ren. Wer einen Social-Media-Post von ihm kom­men­tiert, braucht Zeit, um es cle­ver anzu­stel­len. Doch in die­sen schnelllebi­gen Zei­ten kann es pas­sie­ren, dass der Kom­men­tar sehr zeit­nah schon wie­der ver­al­tet ist oder der Prä­si­dent mitt­ler­wei­le das Gegen­teil behauptet.

Ein Bei­spiel: Im April 2025 kün­dig­te Trump zunächst hohe Zöl­le auf Impor­te an und erklär­te öffent­lich, dass er an die­ser Linie nichts ändern wer­de. Sein State­ment: „Mei­ne Poli­tik wird sich nie­mals ändern.“ Nur weni­ge Stun­den spä­ter ver­kün­de­te er via Social Media und Pres­se­brie­fing, dass er für 90 Tage einen Teil der ange­kün­dig­ten Zöl­le aus­set­zen wer­de — mit Aus­nah­me von China.

Fazit

2025 zeig­te, dass Tech­no­lo­gie die Kom­mu­ni­ka­ti­on ver­än­dert – aber nicht ersetzt. Wor­te blei­ben macht­voll, wenn sie echt sind. Men­schen blei­ben glaub­wür­dig, wenn sie mei­nen, was sie sagen. Was also folgt als Idee dar­aus? Betrach­ten Sie ein­mal die erste Sze­ne aus dem Thea­ter­stück „War­ten auf Godot“. Da wird geschwie­gen und gewar­tet. Sie wer­den ent­decken, dass Gedan­ken aus dem Inne­ren sicht­bar wer­den. Wenn von aus­sen kei­ne Impul­se kom­men, hört man die inne­ren. Es ist einen Ver­such wert. Denn in einer Welt vol­ler Stim­men wird Zuhö­ren zum wert­voll­sten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­stru­ment der Zukunft – und wird von vie­len noch unterschätzt.

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