Zahlreiche Office-Worker arbeiten aktuell hybrid. Sicher ist: Diese Arbeitsform ist gekommen, um zu bleiben. Aber was ist Hybrid Working eigentlich genau und wie entwickelt es sich? OFFICE-ROXX-Chefredakteur Robert Nehring gibt einen Überblick.

Hybrid Working – das Thema könnte aktueller kaum sein. Das Homeoffice hat sich als Alternative zum Corporate Office etabliert. Es ist gekommen, um zu bleiben. Nicht nur, weil uns die Pandemie noch erhalten bleibt, es bald zu kalt und immer öfter zu heiß sein könnte im Büro. Viele haben sich einfach an die Heimarbeit gewöhnt, manche haben sie richtig lieb gewonnen und einige bekommen keine zehn Pferde mehr aus den eigenen vier Wänden.
Auch künftig arbeiten wir also hybrid, und zwar sowohl im Corporate Office als auch im Homeoffice sowie an sogenannten dritten Orten wie Coworking Spaces und Cafés, Bahnabteilen und Bibliotheken. Aber Hybrid Working ist ein weites Feld. Deshalb ein kurzer Überblick.
Das Kind braucht einen Namen
In Bezug auf die Begrifflichkeiten geht es bei der Thematik etwas durcheinander. Es herrscht ein ziemlicher Begriffssalat aus Homeoffice, hybrider, flexibler, mobiler sowie multilokaler Remote-Arbeit.
Hybrid bedeutet eigentlich „zweierlei“, wie die beiden unterschiedlichen Antriebe eines Hybridmotors. Unter dem Hybridmodell in der Arbeitswelt wird entsprechend im engeren Sinne der Wechsel von Office und Homeoffice verstanden. Hybrid kann aber auch für Verschiedenartiges stehen. Und tatsächlich meint hybrides Arbeiten im weiteren Sinne den Mix aus Office, Homeoffice und sogenannten dritten Orten. Hybrides Arbeiten ist also im Grunde flexibles Arbeiten. Es wird in diesem Zusammenhang auch oft von mobiler Arbeit gesprochen.

Für manche stellt mobile Arbeit auch nur ein neues Wort für den angestaubten Begriff Telearbeit dar. Telearbeit ist aber definiert als dauerhafte Heimarbeit, mobile Arbeit als nur temporäre. In der Immobilienbranche wird mobile Arbeit übrigens hier und da gern multilokale Arbeit genannt. Das hat den Vorteil, dass man dabei nicht zuerst an das Arbeiten während des Reisens denkt. Beim hybriden Arbeiten geht es um Wissensarbeit – im Gegensatz zur Arbeit in der Produktion oder im Dienstleistungssektor, bei denen sich die Frage nach dem Homeoffice in der Regel gar nicht stellt. Und diese Wissensarbeit ist heute fast immer Bildschirmarbeit.
Hybrid Working: eigentlich nichts Neues
Wussten Sie, dass hybrides Arbeiten im Grunde gar nichts Neues ist? Klar: USA, Großbritannien, Skandinavien, Benelux und viele weitere sind uns auch hier weit voraus. Und natürlich haben selbst in Deutschland schon viele vor 2020 überwiegend zu Hause gearbeitet, insbesondere Berater, Kreative, Programmierer – vor allem Selbstständige bzw. Freelance.
Aber im Grunde arbeiteten viele Wissensarbeiter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ganz selbstverständlich am heimischen Schreibtisch, in Cafés, Bibliotheken – und in noblen Herrenklubs. Das waren nicht nur Gelehrte, sondern zum Beispiel auch Kaufleute. Erst mit der Industriellen Revolution entstand eine weitgehende Trennung von Wohn- und Arbeitsort.
Homeoffice: Entwicklung in Zahlen
Im Februar 2020 zählten laut einer Umfrage im Auftrag des Büroeinrichtungsverbandes IBA 71 Prozent der Beschäftigten in Deutschland zu den Office-Workern. Das waren 32 Millionen.
Vor der Pandemie lag der Anteil der Homeworker an den Gesamtbeschäftigten in Deutschland laut Statistischem Bundesamt bei relativ konstanten zwölf Prozent. Manche konnten nicht daheim arbeiten, manche durften nicht. Aber manche wollten auch nicht, obwohl sie durften.
Umfragen zum Homeoffice-Anteil gibt es seit 2020 wie Sand am Meer. Die Ergebnisse gehen teilweise weit auseinander. Sicher scheint, dass der Anteil 2020 steil nach oben geschossen ist und demgegenüber 2021 noch einmal zunahm. Seit Mitte 2021 liegen wir Studien zufolge im Schnitt bei etwa einem Viertel aller Beschäftigten in Deutschland, die regelmäßig im Homeoffice arbeiten.

Im Februar 2022 soll laut Bitkom zwar sogar die Hälfte aller Erwerbstätigen in Deutschland im Homeoffice beziehungsweise mobil gearbeitet haben. Aber der Digitalverband erreicht bei seinen Homeoffice-Umfragen traditionell Spitzenwerte. Vom 11. bis 15. März 2020, also kurz vor dem ersten Lockdown, sollen es auch schon 49 Prozent gewesen sein.
Und dann stellt sich natürlich immer die Frage nach der Zukunft. Auch hier erreicht der Bitkom Bestwerte: 88 Prozent wollen zumindest gelegentlich im Homeoffice arbeiten, 80 Prozent aber auch im Einzelbüro und 69 Prozent im Mehrpersonenbüro. Da ist es schwer zu sagen, was die Beschäftigten wirklich wollen. Ein weiterer Spitzenwert wurde im Auftrag von Cisco ermittelt, die ja auch ein Webmeetingtool anbieten: Hier sollen es nur 16 Prozent sein, die wieder ausschließlich ins Büro wollen.
Zwar sind die genannten Ergebnisse repräsentativ. Dennoch sollten sie mit Vorsicht genossen werden. Zum einen scheinen sie oft etwas interessegeleitet. Zum anderen dürften sicher auch die Fragen, wie lange man überhaupt gern arbeiten und wie viel Geld man gern verdienen möchte, sehr hohe Werte ergeben.
Hybrides Arbeiten: Mein Fazit
Büroarbeit wird hybrid bleiben und multilokaler sein. Das Homeoffice gehört zum New Normal. Im Schnitt landen wir vielleicht einmal bei einem mobilen und einem Homeoffice-Tag pro Woche. Dann blieben drei Tage fürs Büro. Homeoffice und mobiles Arbeiten haben aber nicht nur Vorteile. Die Herausforderungen gilt es zu meistern.
Büros sind nicht vom Aussterben bedroht. Headlines wie „Das Ende des Büros“ oder „Tod der Bürotürme“ sind komplett verfehlt. Weniger Flächenbedarf durch Homeoffice könnte auch durch mehr Flächenbedarf für größere Begegnungszonen und mehr Abstand im Office kompensiert werden.
Hybrides Arbeiten sollte individuell geregelt werden und es sollten immer beide Seiten dabei ein gutes Gefühl haben. Ein uneingeschränkter rechtlicher Anspruch ist realitätsfern. Dann sollte es auch einen rechtlichen Anspruch auf einen Arbeitsplatz im Büro geben.
Büro ist heute überall da, wo man das tut, was man früher fast nur im Büro tat. Aber innerhalb dieser Freiheit muss jeder sein eigenes Erfolgsrezept finden.