Interview mit der New-Work-Expertin Swantje Allmers

Die Co-Autorin des Best­sel­lers „On the Way to New Work“ und Grün­de­rin des Bera­tungs­un­ter­neh­mens „New Work Master­skills“ Swant­je All­mers ist eine der gefrag­te­sten Stim­men zum The­ma HR und New Work. Ein Gespräch über den Sta­tus quo der „neu­en Arbeit“.

Swantje Allmers, Gründerin & Geschäftsführerin NWMS GmbH (New Work Masterskills), newworkmasterskills.com. Abbildung Sebastian Fuchs
Swant­je All­mers, Grün­de­rin & Geschäfts­füh­re­rin NWMS GmbH (New Work Master­skills), newworkmasterskills.com. Abbil­dung Seba­sti­an Fuchs

Büroblog Schweiz: Frau Allmers, wie definieren Sie New Work?

Swant­je All­mers: Für mich geht es bei New Work pri­mär dar­um, Arbeit zu etwas zu machen, das Men­schen stärkt. Das meint nicht, die auf oder mit der Arbeit ver­brach­te Zeit zu mini­mie­ren und Men­schen durch Bene­fits moti­viert zu hal­ten. Viel­mehr geht es dar­um, dass wir Arbeit so gestal­ten, dass sie Sinn ergibt, wir unse­re Stär­ken und Talen­te ein­brin­gen und Men­schen dabei beruf­lich und per­sön­lich wach­sen kön­nen. In der Pra­xis hat das vie­le Facet­ten, wes­halb New Work auch ein nie abge­schlos­se­ner Pro­zess ist und kein Zustand, den es zu errei­chen gilt.

Obwohl das Konzept „New Work“ Jahrzehnte zurückreicht, trendet es „erst“ seit etwa 15 Jahren. Zwischenzeitlich wuchs auch die Kritik. An welchem Punkt der Entwicklung sehen Sie New Work heute?

Dass es jetzt auch Gegen­wind und Kri­tik gibt, hal­te ich für gesund. Denn in der Pha­se, in der New Work fast schon ein Hype war, ist auch vie­les an der Ober­flä­che geblie­ben und stark ver­ein­facht wor­den. Inso­fern tut es gut, wenn der Begriff etwas mehr hin­ter­fragt wird. Durch die­se Debat­ten hat sich auch eini­ges bewegt. The­men wie zeit­li­che und räum­li­che Fle­xi­bi­li­tät, neu­es Füh­rungs­ver­ständ­nis, Fach­kar­rie­ren, Ver­ein­bar­keit, men­ta­le Gesund­heit, Arbeit und Füh­rung in Teil­zeit sind in der Brei­te ange­kom­men und eine Aus­ein­an­der­set­zung mit ihnen lässt sich nicht mehr umge­hen. Das ist ein Erfolg, für den wir dank­bar sein kön­nen. Auch wenn es noch viel zu tun gibt. Ein „fer­tig“ wird es bei dem The­ma ohne­hin nicht geben, dafür ist die Dyna­mik in der (Arbeits-)welt zu hoch.

Ist das Büro nun tot oder einfach nur überall?

Nein, es ist in kei­ner Wei­se tot. Hier den­ken lei­der vie­le noch in einem Ent­we­der-oder-Sche­ma statt in einem Sowohl-als-auch. Wir wer­den wei­ter­hin Orte brau­chen, an denen Men­schen zum Arbei­ten zusam­men­kom­men. Denn bestimm­te Tätig­kei­ten wie Krea­tiv­work­shops, emo­tio­na­le Gesprä­che, Team­buil­ding oder Onboar­ding las­sen sich in Prä­senz oft bes­ser umset­zen. Aber für das Abhal­ten stun­den­lan­ger Video­kon­fe­ren­zen oder das kon­zen­trier­te Erle­di­gen von Auf­ga­ben muss man nicht ins Büro kom­men. Wer möch­te, dass die Men­schen das Büro wie­der als eine Opti­on sehen, soll­te sich aller­dings bewusst sein, dass die­ses nun in Kon­kur­renz zum Home­of­fice steht und des­halb so gestal­tet sein muss, dass man dort gern hinkommt.

Was ist wichtig, damit Remote Work bzw. Hybrid Working für beide Seiten funktioniert?

Dass man mit gesun­dem Men­schen­ver­stand, gegen­sei­ti­gem Ver­ständ­nis, in guter Inten­ti­on und vor allem gemein­sam an die Sache ran­geht. Ganz kon­kret kann das bedeu­tet, dass man sich im ersten Schritt über­haupt erst mal aus­tauscht und zuhört. Also zum Bei­spiel: Wer kann wo und wie am besten arbei­ten? Was funk­tio­niert, was nicht? Wer hat zu wel­chen The­men Vor-Ort-Bedarf bzw. Remo­te-Bedarf und war­um? Basie­rend auf einem gegen­sei­ti­gen Ver­ständ­nis ist es dann wich­tig, ein paar grund­le­gen­de Prin­zi­pi­en für das Team zu fin­den, die erfüllt sein sol­len. Natür­lich spie­len auch die spe­zi­fi­schen Auf­ga­ben eine Rol­le und die Fra­ge, wo die­se am effi­zi­en­te­sten gelöst wer­den kön­nen. Das Team soll­te aller­dings dar­auf schau­en, dass nicht rein auf­ga­ben­ori­en­tiert an die Sache ran­ge­gan­gen wird, son­dern auch Team­kul­tur und Zusam­men­halt vali­de Grün­de sind, gele­gent­lich zusam­men zu kommen.

Bei der gan­zen Dis­kus­si­on darf nicht aus­ser Acht gelas­sen wer­den, dass hybri­de Zusam­men­ar­beit gar nicht so exo­tisch und neu ist, wie gele­gent­lich getan wird. Unter­neh­mens­be­ra­tun­gen, Ver­triebs­teams im Aus­sen­dienst und inter­na­tio­nal ver­teil­te Teams arbei­ten bei­spiels­wei­se schon lan­ge im Hybrid-Modus. Hier lässt sich auch eini­ges übernehmen.


 

Swantje Allmers, Michael Trautmann, Christoph Magnussen: On the way to New Work. Wenn Arbeit zu etwas wird, was Menschen stärkt*, Vahlen (2022), 412 S., 24,90 €.

Swant­je Ali­mers, Micha­el Traut­mann, Chri­stoph Magnus­sen: On the way to New Work. Wenn Arbeit zu etwas wird, was Men­schen stärkt, Vah­len (2022), 412 S., 24,90 €.


Ist Workation mehr als eine pandemiebedingte Zeiterscheinung?

Ja, auf jeden Fall. Es ist bei­spiels­wei­se sehr ver­lockend, drei Wochen an einem tol­len Ort zu ver­brin­gen und nur zwei Wochen Urlaub zu ver­wen­den, indem man auch von dort aus arbei­tet. Hier­durch lässt sich das Leben in Sum­me reich­hal­ti­ger gestal­ten. Aller­dings ist es auch eine Fra­ge der Per­sön­lich­keit, ob man das möch­te oder nicht. Bei man­chen Men­schen führt es dazu, dass sie kei­ne wirk­li­che Urlaubser­ho­lung haben, weil sie per­ma­nent in Gedan­ken bei der Arbeit sind, nach­dem sie mor­gens ihre E-Mails bear­bei­tet haben. Mal davon abge­se­hen, dass es nicht jedem mög­lich ist, die eige­ne Arbeit über­all mit hinzunehmen.

Und schliesslich die jüngeren Generationen: Wo liegen wirklich die Unterschiede?

Es gibt eigent­lich mehr Gemein­sam­kei­ten als Unter­schie­de. Ganz pau­schal kann man sagen, dass sich die jün­ge­re Gene­ra­ti­on Sinn, Fle­xi­bi­li­tät, Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten und ein fai­res Gehalt wünscht. Gleich­zei­tig möch­te sie men­tal gesund blei­ben und auch noch Zeit für ein Pri­vat­le­ben haben. Das wün­schen sich die älte­ren Gene­ra­tio­nen aber auch. Hier­zu gibt es zahl­rei­che Stu­di­en, die das bele­gen. Ein wesent­li­cher Unter­schied ist jedoch, dass die Jün­ge­ren dies selbst­be­wuss­ter ein­for­dern und zur Bedin­gung machen. Das pro­vo­ziert natür­lich manch­mal, weil sich Men­schen den­ken: „Arbei­te doch erst mal 20 Jah­re, bevor du dir das raus­nimmst.“ Die Zei­ten haben sich aber nun mal geän­dert und die Gen Z steigt heu­te ins Arbeits­le­ben ein, wo genau die­se The­men in der Brei­te dis­ku­tiert wer­den. Zusätz­lich hat sie Rücken­wind durch den Fach­kräf­te­man­gel und kann sich durch Social Media mit ande­ren ver­glei­chen. Am Ende wer­den alle davon pro­fi­tie­ren, wenn sich die Arbeits­be­din­gun­gen wei­ter an den Bedürf­nis­sen der Men­schen ori­en­tie­ren. Und ein wenig Über­trei­bung und Selbst­fin­dung muss man jun­gen Men­schen auch zuge­ste­hen, ohne sie gleich zu verurteilen.

Vielen Dank.