Die Co-Autorin des Bestsellers „On the Way to New Work“ und Gründerin des Beratungsunternehmens „New Work Masterskills“ Swantje Allmers ist eine der gefragtesten Stimmen zum Thema HR und New Work. Ein Gespräch über den Status quo der „neuen Arbeit“.
Büroblog Schweiz: Frau Allmers, wie definieren Sie New Work?
Swantje Allmers: Für mich geht es bei New Work primär darum, Arbeit zu etwas zu machen, das Menschen stärkt. Das meint nicht, die auf oder mit der Arbeit verbrachte Zeit zu minimieren und Menschen durch Benefits motiviert zu halten. Vielmehr geht es darum, dass wir Arbeit so gestalten, dass sie Sinn ergibt, wir unsere Stärken und Talente einbringen und Menschen dabei beruflich und persönlich wachsen können. In der Praxis hat das viele Facetten, weshalb New Work auch ein nie abgeschlossener Prozess ist und kein Zustand, den es zu erreichen gilt.
Obwohl das Konzept „New Work“ Jahrzehnte zurückreicht, trendet es „erst“ seit etwa 15 Jahren. Zwischenzeitlich wuchs auch die Kritik. An welchem Punkt der Entwicklung sehen Sie New Work heute?
Dass es jetzt auch Gegenwind und Kritik gibt, halte ich für gesund. Denn in der Phase, in der New Work fast schon ein Hype war, ist auch vieles an der Oberfläche geblieben und stark vereinfacht worden. Insofern tut es gut, wenn der Begriff etwas mehr hinterfragt wird. Durch diese Debatten hat sich auch einiges bewegt. Themen wie zeitliche und räumliche Flexibilität, neues Führungsverständnis, Fachkarrieren, Vereinbarkeit, mentale Gesundheit, Arbeit und Führung in Teilzeit sind in der Breite angekommen und eine Auseinandersetzung mit ihnen lässt sich nicht mehr umgehen. Das ist ein Erfolg, für den wir dankbar sein können. Auch wenn es noch viel zu tun gibt. Ein „fertig“ wird es bei dem Thema ohnehin nicht geben, dafür ist die Dynamik in der (Arbeits-)welt zu hoch.
Ist das Büro nun tot oder einfach nur überall?
Nein, es ist in keiner Weise tot. Hier denken leider viele noch in einem Entweder-oder-Schema statt in einem Sowohl-als-auch. Wir werden weiterhin Orte brauchen, an denen Menschen zum Arbeiten zusammenkommen. Denn bestimmte Tätigkeiten wie Kreativworkshops, emotionale Gespräche, Teambuilding oder Onboarding lassen sich in Präsenz oft besser umsetzen. Aber für das Abhalten stundenlanger Videokonferenzen oder das konzentrierte Erledigen von Aufgaben muss man nicht ins Büro kommen. Wer möchte, dass die Menschen das Büro wieder als eine Option sehen, sollte sich allerdings bewusst sein, dass dieses nun in Konkurrenz zum Homeoffice steht und deshalb so gestaltet sein muss, dass man dort gern hinkommt.
Was ist wichtig, damit Remote Work bzw. Hybrid Working für beide Seiten funktioniert?
Dass man mit gesundem Menschenverstand, gegenseitigem Verständnis, in guter Intention und vor allem gemeinsam an die Sache rangeht. Ganz konkret kann das bedeutet, dass man sich im ersten Schritt überhaupt erst mal austauscht und zuhört. Also zum Beispiel: Wer kann wo und wie am besten arbeiten? Was funktioniert, was nicht? Wer hat zu welchen Themen Vor-Ort-Bedarf bzw. Remote-Bedarf und warum? Basierend auf einem gegenseitigen Verständnis ist es dann wichtig, ein paar grundlegende Prinzipien für das Team zu finden, die erfüllt sein sollen. Natürlich spielen auch die spezifischen Aufgaben eine Rolle und die Frage, wo diese am effizientesten gelöst werden können. Das Team sollte allerdings darauf schauen, dass nicht rein aufgabenorientiert an die Sache rangegangen wird, sondern auch Teamkultur und Zusammenhalt valide Gründe sind, gelegentlich zusammen zu kommen.
Bei der ganzen Diskussion darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass hybride Zusammenarbeit gar nicht so exotisch und neu ist, wie gelegentlich getan wird. Unternehmensberatungen, Vertriebsteams im Aussendienst und international verteilte Teams arbeiten beispielsweise schon lange im Hybrid-Modus. Hier lässt sich auch einiges übernehmen.
Swantje Alimers, Michael Trautmann, Christoph Magnussen: On the way to New Work. Wenn Arbeit zu etwas wird, was Menschen stärkt, Vahlen (2022), 412 S., 24,90 €.
Ist Workation mehr als eine pandemiebedingte Zeiterscheinung?
Ja, auf jeden Fall. Es ist beispielsweise sehr verlockend, drei Wochen an einem tollen Ort zu verbringen und nur zwei Wochen Urlaub zu verwenden, indem man auch von dort aus arbeitet. Hierdurch lässt sich das Leben in Summe reichhaltiger gestalten. Allerdings ist es auch eine Frage der Persönlichkeit, ob man das möchte oder nicht. Bei manchen Menschen führt es dazu, dass sie keine wirkliche Urlaubserholung haben, weil sie permanent in Gedanken bei der Arbeit sind, nachdem sie morgens ihre E-Mails bearbeitet haben. Mal davon abgesehen, dass es nicht jedem möglich ist, die eigene Arbeit überall mit hinzunehmen.
Und schliesslich die jüngeren Generationen: Wo liegen wirklich die Unterschiede?
Es gibt eigentlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Ganz pauschal kann man sagen, dass sich die jüngere Generation Sinn, Flexibilität, Entwicklungsmöglichkeiten und ein faires Gehalt wünscht. Gleichzeitig möchte sie mental gesund bleiben und auch noch Zeit für ein Privatleben haben. Das wünschen sich die älteren Generationen aber auch. Hierzu gibt es zahlreiche Studien, die das belegen. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass die Jüngeren dies selbstbewusster einfordern und zur Bedingung machen. Das provoziert natürlich manchmal, weil sich Menschen denken: „Arbeite doch erst mal 20 Jahre, bevor du dir das rausnimmst.“ Die Zeiten haben sich aber nun mal geändert und die Gen Z steigt heute ins Arbeitsleben ein, wo genau diese Themen in der Breite diskutiert werden. Zusätzlich hat sie Rückenwind durch den Fachkräftemangel und kann sich durch Social Media mit anderen vergleichen. Am Ende werden alle davon profitieren, wenn sich die Arbeitsbedingungen weiter an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Und ein wenig Übertreibung und Selbstfindung muss man jungen Menschen auch zugestehen, ohne sie gleich zu verurteilen.