Die Chancen nutzen: Interview mit Mario Müller von Simplex

Kli­ma, Coro­na, Ukrai­ne – auch die Wirt­schaft bekommt die­se Kri­sen deut­lich zu spü­ren. Da gilt es, einen küh­len Kopf zu bewah­ren und den Din­gen ins Auge zu sehen. So wie Mario Mül­ler, CEO der Sim­plex AG Bern und Vor­stands­mit­glied des Ver­ban­des PBS und Gruss­kar­ten Schweiz. Wir spra­chen mit ihm über Gegen­wart und Zukunft sei­ner Branche.

Mario Müller, CEO der Simplex AG Bern und Vorstandsmitglied des Verbandes PBS und Grusskarten Schweiz. Abbildung: Simplex AG
Mario Mül­ler, CEO der Sim­plex AG Bern und Vor­stands­mit­glied des Ver­ban­des PBS und Gruss­kar­ten Schweiz. Abbil­dung: Sim­plex AG

Büroblog Schweiz: In einer aktuellen Umfrage zeichnen Vertreter der deutschen Bürowirtschaft ein eher düsteres Bild für den Bürofachhandel. Wie ist derzeit die Stimmung in der PBS-Branche der Schweiz?

Mario Mül­ler: Gemäss dem aktu­el­len Retail Out­look der Cre­dit Suis­se gehen die Exper­ten dort von einem Rück­gang des gesam­ten Schwei­zer Detail­han­dels im Jahr 2022 von vier Pro­zent aus. Auch wenn der Büro­fach­han­del mit sei­nen Ange­bo­ten und Lösun­gen zum täg­li­chen Bedarf zählt, wird uns dies im glei­chen Umfang beschäf­ti­gen. Hin­zu kom­men die mas­si­ven Preis­er­hö­hun­gen, die die Nach­fra­ge nach PBS-Pro­duk­ten dämp­fen. Die Aus­ga­ben der Haus­hal­te ver­än­dern sich, es wird stär­ker priorisiert.

Wie haben sich Coronapandemie und Ukrainekrieg bislang auf die Branche ausgewirkt?

Die Pan­de­mie hat den Schwei­zer Detail­han­del nicht so stark getrof­fen wie ande­re Bran­chen, teil­wei­se konn­ten wir sogar pro­fi­tie­ren. Der Nach­hol­be­darf im zwei­ten Halb­jahr 2020 war enorm, mit einem sen­sa­tio­nel­len Weih­nachts­ge­schäft. Fakt ist aber auch, dass die Ver­sor­gungs­ket­ten durch die Pan­de­mie stark gestört wur­den, was die Dis­po­si­ti­on erschwer­te und die Prei­se anstei­gen liess. Auf der ande­ren Sei­te war das Home­of­fice eine neue Her­aus­for­de­rung und zugleich eine Chan­ce. Wer sich schnell auf die neu­en Bedürf­nis­se der Arbeit­neh­men­den zu Hau­se ein­stel­len konn­te, hat auch in die­sem Bereich mit neu­en Ser­vice­dienst­lei­stun­gen punk­ten können.

Der Ukrai­ne­kon­flikt hin­ge­gen ist eine ganz ande­re Situa­ti­on, da ist die Pan­de­mie nur das „Warm-up“ gewe­sen. Alle sind stark ver­un­si­chert, Prei­se schies­sen wei­ter durch die Decke und das kol­lek­ti­ve Mit­ge­fühl dämpft die Kon­su­men­ten­stim­mung. „Darf ich mir nun noch etwas gön­nen oder eben nicht.“ Wenn die Grund­ver­sor­gung wackelt, sind PBS-Pro­duk­te weit unten auf der Prioritätenliste.

Simplex ist sowohl Hersteller als auch Händler. Welche der beiden Seiten tut sich schwerer mit den Preissteigerungen bei Büroartikeln?

Am Ende des Tages ver­sucht jede Unter­neh­mung, die Kosten auf die Kon­su­men­ten abzu­wäl­zen, egal ob Her­stel­ler oder Händ­ler. Dies geht solan­ge gut, bis der Kon­su­ment nicht wei­ter bereit ist, den Preis zu bezah­len oder aber mehr Lohn von den Unter­neh­mun­gen erhält. Das ist die klas­si­sche Lohn-Preis-Spirale.

Das traditionelle, papierbasierte Büro weicht immer mehr dem digitalen Remote-Office. Hat klassischer Bürobedarf – etwa Haftnotizen, Bewerbungsmappen und Notizbücher – da noch lange eine Chance?

Was heisst lan­ge? Als ich vor zwölf Jah­ren in die Bran­che kam, wur­de bereits vom papier­lo­sen Büro gespro­chen. Das hat sich bekannt­lich bis heu­te nicht bewahr­hei­tet. Den­noch hat die Pan­de­mie die­se Ent­wick­lung akzen­tu­iert, was wir klar spü­ren. Die­ser Trend wird sich wei­ter fort­setz­ten. Für eine erfolg­rei­che Zukunft der PBS-Bran­che müs­sen wir mit neu­en und inno­va­ti­ven Pro­duk­ten sowie Dienst­lei­stun­gen punkten.

Wie werden moderne Büros wohl in zehn Jahren aussehen? Treffen wir uns dann alle im Metaversum?

Das ist sicher eine Lösung von vie­len. Ich den­ke, die Pan­de­mie hat uns klar gezeigt, dass der per­sön­li­che Aus­tausch ein ganz zen­tra­les Bedürf­nis des Men­schen ist. Wir müs­sen die anhal­ten­de Ver­än­de­rung als Chan­ce sehen. Digi­ta­le Mee­tings sind heu­te völ­lig nor­mal. Infol­ge­des­sen wer­den auch digi­ta­le Räu­me wie das Meta­ver­sum als Teil eines moder­nen Büros Ein­zug in unse­re Arbeits­welt hal­ten. Die­se digi­ta­len Räu­me wer­den aber den per­sön­li­chen bzw. phy­si­schen Kon­takt nicht gänz­lich ersetzen.

Welche Bedeutung hat ökologische Nachhaltigkeit für Ihre Branche und Ihr Unternehmen?

Es ist ein sehr wich­ti­ges The­ma. Die Fra­ge ist, was tun wir intrin­sisch moti­viert und was ist „nur“ Mar­ke­ting. Ich bin über­zeugt, dass der Kun­de den Unter­schied spü­ren kann. Er ist bereit, auch einen höhe­ren Preis zu bezah­len, wenn das The­ma authen­tisch und ehr­lich ange­packt wird. Das soge­nann­te Green­wa­shing durch­schau­en die Kon­su­men­ten sofort. Die Fir­ma Sim­plex AG Bern ori­en­tiert sich an den SDGs (17 Sus­tainable Deve­lo­p­ment Goals der Ver­ein­ten Natio­nen). Sie setzt klei­ne Ver­bes­se­run­gen im All­tag rasch um, ohne ein gros­ses Kino dar­aus zu machen. Ein­fach, weil es uns wich­tig ist und weil wir es können.

Was bedeutet New Work für Sie?

Für mich ist da nichts „New“, son­dern Rea­li­tät und Zukunft. Machen wir uns wei­ter fit für die Gegen­wart und Zukunft, die Pan­de­mie hat uns einen wun­der­ba­ren Steil­pass dafür gege­ben. Arbei­ten und Leben ver­schmel­zen, die Sinn­haf­tig­keit rückt wei­ter ins Zen­trum. Wir stre­ben nach einem erfüll­ten und sinn­haf­ten Arbeits-Leben. Oder anders aus­ge­drückt, es gibt für mich nur die „Life-Balan­ce“, arbei­ten gehört zum Leben.

Warum kann Ihre Branche auch noch für die Generation Z (*1995–2010) spannend sein?

Es sind unse­re Kon­su­men­ten der Zukunft. Stel­len wir uns auch auf die­se Ziel­grup­pe in allen Belan­gen ein und kre­ieren neue und inno­va­ti­ve Pro­duk­te und Dienst­lei­stun­gen auch für sie.

Vielen Dank.