Der Bürofachhandel hat es aufgrund von Online-Handel und Pandemie nicht leicht. Wir sprachen mit Thomas Köhler, dem Zentralpräsidenten vom Verband Schweizer Papeterien (VSP), über Konkurrenzkampf im PBS-Markt, die Auswirkungen der Corona-Krise sowie sich aus ihr ergebende Herausforderungen und Chancen.

Herr Köhler, wie viele Mitglieder hat der VSP und welche Aufgaben erfüllt der Verband?
Thomas Köhler: Aktuell hat der Verband 300 Mitglieder. 250 Papeterien und 50 Spielwarendetailisten. In den meisten Fällen sind dies inhabergeführte KMUs mit einem Ladengeschäft. Aber es gibt auch Unternehmen mit mehreren Filialen. Der VSP nimmt Aufgaben wahr, die einzelne Mitglieder nicht erfüllen können, zum Beispiel die Interessenvertretung auf beruflicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene. Darüber hinaus übernimmt der Verband auch Aufgaben der Aus- und Weiterbildung bei den in ihm organisierten Unternehmen, zum Beispiel in Bezug auf Waren- und allgemeine Branchenkunde.
Innerhalb des PBS-Markts wird auf kleinere Händler ein hoher Druck durch grosse Ketten und den Online-Handel ausgeübt. Wie gehen Ihre Mitgliedsunternehmen mit diesem Druck um?
Die grossen Player versuchen, mit beratungsarmen Artikeln, die sich in grossen Stückzahlen absetzen lassen, in den Papier- und Büromarkt vorzudringen. Da die überwiegende Mehrzahl unserer Mitglieder aber regional und lokal fest verankert ist und über sehr gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt, können sich diese gut gegen die Grossunternehmen behaupten. Gerade weil sie auf Kundenwünsche sehr viel individueller eingehen können. Das kommt sicherlich daher, dass es sich mehrheitlich um familiengeführte Betriebe handelt. Der Online-Handel spielt im Geschäft mit privaten Endverbrauchern eher eine untergeordnete Rolle. Er betrifft aus unserer Sicht viel mehr die Firmenkunden. Private Konsumenten lassen sich nach wie vor lieber im Laden vor Ort beraten.
Hat sich das Sortiment der Bürofachhändler in den letzten Jahren gewandelt, auch in Anbetracht der Digitalisierung?
Früher waren in den Papeterien eher klassische Büromaterialien verantwortlich für grosse Teile des Umsatzes. Heute sind die Fachgeschäfte stattdessen mit einer Vielzahl spezialisierter Glückwunsch- und Grusskarten, Lifestyle-Artikeln und besonderen Papierprodukten bestückt. Dazu kommen Service-Leistungen aus den Bereichen Laminieren, Kopieren, Binden und Drucken. Bei vielen unserer Mitglieder finden sich auch Spielwaren-Sortimente und Bücher bis hin zu Haushaltswaren.
Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf Ihre Mitglieder aus?
Die Corona-Pandemie hat unsere Verbandsmitglieder hart getroffen. Der erste Lockdown im Frühling 2020 war ein starker Einschnitt. In diesem Zusammenhang natürlich auch die Verschiebung hin zum Online-Handel, die damals durch den Bund gefördert wurde. Während viele Grossverteiler weiter Artikel aus unseren Sortimenten verkaufen durften, war es schwierig bis unmöglich, Papeterien wegen der Beschränkungen offen zu halten. Mit dem zweiten Lockdown sind die Reglungen für Papeterie-Fachgeschäfte weiter gefasst worden, wurden aber auch damals wieder leider nicht genauer erläutert. So hatte sich für unsere Mitglieder die Frage gestellt, was genau verkauft werden darf. In der Folge waren sich viele nicht sicher, ob es sich lohnen würde, bei diesen Einschränkungen der Sortimente den Laden geöffnet zu lassen oder eben nicht. Da hätte der Bundesrat klarere Regeln kommunizieren müssen. Durch die Verschiebung der Büroarbeit ins Homeoffice ist es für unsere Mitglieder auch schwieriger geworden, klassische Bürobedarfsartikel zu verkaufen, da mehr digital gearbeitet und abgelegt wird.
Wie ist es um die Zukunft des Bürofachhandels bestellt?
Da die Mitglieder unseres Verbandes fast ausschliesslich Lösungen und Produkte für kreatives Gestalten anbieten, glaube fest an den Wert und die Beständigkeit unserer Sortimente sowie an eine erfolgreiche Zukunft für unsere Branche. Selbstgeschriebene Karten, etwas persönlich Gemaltes oder Gebasteltes werden trotz elektronischer Kommunikation wie E-Mail und WhatsApp nie aus der Mode kommen. Hierfür haben die Papeterien passende Sortimente, genauso wie für die Ablage zu Hause oder im Büro. Das gilt in gleichem Masse für die im VSP organisierten Spielwarenhändler. Beide Branchen begleiten die Menschen von der Kindheit bis ins hohe Alter mit jeweils passenden Sortimenten. Trotz der voranschreitenden Digitalisierung sehe ich hier deswegen keine Gefahren.
Was sind darüber hinaus die grössten Herausforderungen für Ihre Mitglieder?
Innerhalb unseres Verbandes ist festzustellen, dass viele Inhaber älter sind als der Durchschnitt der Bevölkerung. Ausserdem können oder wollen viele junge Berufsanfänger nicht den nötigen Mut und die finanziellen Mittel aufbringen, sich in unserer Branche selbstständig zu machen. Aber es gab in diesem Bereich erfreulicherweise in den letzten Monaten positive Zeichen und auch Geschäftsübernahmen von inhabergeführten Geschäften. Wir müssen des Weiteren in Zukunft besonders Schulabgänger und Berufsanfänger für unsere Branchen begeistern. In der Wahrnehmung vieler Menschen sind Anstellungen in Papeterie- und Spielwarengeschäften als Frauenberufe verankert. Es wäre wünschenswert, wenn sich in Zukunft auch mehr Männer einbringen würden, denn in unseren Sortimenten finden sich auch viele technische Produkte.
Vielen Dank.