Der 30. März ist der internationale Tag des Bleistifts. Auch im digitalen Zeitalter wird der Klassiker unter den Stiften noch jährlich milliardenfach verkauft. Bis zu seiner heutigen Form hat der Bleistift viele Innovationsschritte durchlaufen.
Der Tag des Bleistifts geht zurück auf den 30. März 1858. An diesem Tag erhielt der US-Amerikaner Hymen L. Lipman das erste US-Patent für einen Bleistift mit einem befestigten Radiergummi. Doch die Geschichte des Bleistifts beginnt viel früher. Zeit, einen genaueren Blick auf die Entstehung des unscheinbaren Alltagshelden zu werfen.
Frühe Anfänge
Bereits vor 5.000 Jahren soll es in Ägypten die ersten Bleistiftversionen gegeben haben, bei denen dünne Schilf-, Bambus- oder Papyrusrohre mit flüssigem Blei ausgegossen waren. Etwa 3.000 Jahre später, so überlieferte es der römische Gelehrte Plinius, wurden reine Bleigriffel verwendet.
Stifte mit Blei und Silber
Erst im 12. Jahrhundert entwickelte man Griffel aus Bleilegierungen, deren Spitzen mit aufgelötetem Silber veredelt wurden – die sogenannten Silberstifte. Sie erreichten ihre grösste Ausbreitung im 15. Jahrhundert und trugen dazu bei, dass sich die Zeichnung als eigene Kunstart entwickeln konnte. Für die sehr harten Silberstifte musste das Papier zuvor präpariert werden, um der Beanspruchung des auch Reissblei genannten Stiftes standzuhalten.
„Bleifarbiges“ Graphit im 16. Jahrhundert
Als schliesslich Mitte des 16. Jahrhunderts im englischen Borrowdale grosse Mengen einer bleifarbigen Masse gefunden wurden, die sich „fettig anfühlt, die Finger färbt, einfacher zum Zeichnen ist als Tinte und Feder und deren Striche sich leicht ausradieren lassen“, begann die Geschichte unserer heutigen Bleistifte. Man hielt diesen Stoff über zweihundert Jahre für weiches Bleierz. Tatsächlich handelte es sich aber um ein eigenständiges Material: Grafit, wie der Apotheker Wilhelm Scheele den kristallisierten Kohlenstoff nach einer genauen Untersuchung Ende des 18. Jahrhunderts nannte. Der Entdecker taufte ihn im Sinne seiner Verwendung – abgeleitet vom griechischen „graphein“ = schreiben.
Die ersten bleistiftähnlichen Stifte
Bereits 130 Jahre vor Scheeles Untersuchung wurden in Nürnberg schon bleistiftähnliche Stifte produziert. Zu dieser Zeit durften ausschliesslich Schreiner Minenstifte herstellen. Denn nur ihnen traute man zu, einen Mantel aus Holz um eine Mine zu legen. Friedrich Staedtler, ein Vorfahre von Johann Sebastian Staedtler, Gründer des gleichnamigen Unternehmens (1835), hielt sich jedoch nicht an das Verbot des Nürnberger Rates. Er fertigte in eigener Produktion komplette Bleistifte. Seit dem 14. Juli 1662 bezeichnete er sich ganz offiziell als Bleiweisssteftmacher, wie die Bücher der Stadt Nürnberg urkundlich bezeugen.
Entstehung der Härtegrade
Etwa um 1790 vermischte der Wiener Architekt Joseph Hardtmuth erstmals Grafitstaub mit Ton und Wasser und brannte ihn in einem Ofen. Je nach Menge des Tones konnte er somit den Härtegrad bestimmen. 1795 entdeckte der Franzose Nicolas-Jacques Conté ein Verfahren, mit dem auch unreiner Grafit aus Minen in Deutschland und Österreich verwendet werden konnte. Er pulverisierte das abgebaute Material und schlämmte dann den Grafit aus. Später entdeckte er unabhängig von Hardtmuth ebenfalls die Härtegrade. Hardtmuth und Conté sind somit die Grundsteinleger für den modernen Bleistift.
Es gab allerdings ein Problem: Nahm man Grafit in die Hand, bekam man schnell dreckige Finger. Deshalb sägte man aus grösseren Stücken kleine Stäbchen aus, die mit einer Hülle umgeben wurden. Zu Beginn umwickelte man sie hauptsächlich mit Schnüren. Im Jahr 1830 kam der Amerikaner Josef Dixon auf die Idee, die Grafitstäbe in abgerundete Holzbrettchen zu leimen. An dieser Form hat sich bis heute kaum etwas geändert. Im Laufe der Jahre wurde der Bleistift trotzdem immer weiter optimiert und verbessert: Lothar von Faber gilt als Erfinder des hexagonalen Bleistifts – dieser konnte nicht mehr vom Pult rollen.
Zu den bekanntesten Unternehmen, die heute noch Bleistifte fertigen, zählen Faber-Castell (1761 gegründet), Staedtler (1835 gegründet), Lyra (1806 gegründet) und Schwan-Stabilo (1855 gegründet). Sie alle stammen aus Nürnberg und Umgebung.
Digitale Bleistifte und mehr
Auch den Sprung ins digitale Zeitalter hat der Bleistift gemeistert. Der Staedtler Noris digital zum Beispiel besitzt die Haptik eines herkömmlichen Bleistifts in Verbindung mit der Technik eines Stylus-Eingabegeräts. Das ermöglicht ein direktes Schreiben und Zeichnen auf dem Display eines Handys, Tablets oder Notebooks.
Der Stifthersteller Faber-Castell hat 2006 das Museum „Alte Mine“ in der historischen Minenproduktionsanlage des Unternehmens eröffnet. Dort können Besucher die Räume der ehemaligen Fertigungshallen besichtigen, die unter ehrenamtlicher Mitarbeit ehemaliger Produktionsmitarbeiter detailgetreu wiederhergestellt wurden.
Wer sich für historische Schreibwaren interessiert, findet im Berliner Laden Inkwell sein Glück. Der Besitzer sammelt und verkauft historische Bürobedarfsartikel. Neben Lochern, Notizheften und Radiergummis sind dort auch viele verschiedene Bleistiftraritäten aus vergangenen Jahrzehnten zu bestaunen.