Hybridarbeit hat sich in vielen Unternehmen etabliert. Oft gilt die „goldene Mitte“ von zwei bis drei Office-Tagen pro Woche als ideal. Weshalb das aber nur die halbe Wahrheit ist und warum eine pauschale Homeoffice-Regelung nicht reicht, erklärt Ivan Cossu, CEO von Deskbird.

Zukunftsgerichtete Unternehmen mit Büroarbeitern kommen um das Thema Hybridarbeit nicht mehr herum. So arbeiten fast zwei Drittel der Befragten des „State of Hybrid Work Report“ von Owl Labs hybrid, ein Anstieg von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 52 Prozent bevorzugen maximal zwei Tage Büroarbeit pro Woche – ein Zeichen für den Wunsch nach persönlichem Kontakt bei gleichzeitiger Flexibilität. Fehlt Letztere, ziehen 31 Prozent einen Jobwechsel in Erwägung. Das Problem dieser Betrachtung: Methodische Schwächen und fehlende Schlüsse zeigen ein verklärtes Bild der vermeintlichen „goldenen Mitte“ beim Thema Hybridarbeit. Das Durchschnittsalter der Befragten ist beispielsweise mit unter 40 Jahren kaum repräsentativ für Unternehmen. Jüngere Arbeitnehmer neigen eher zu ausgewogenen hybriden Modellen, was die hohe Zustimmung zur „goldenen Mitte“ von zwei bis drei Office-Tagen erklärt.
Die Grenzen der „goldenen Mitte“
Abseits solcher Schwächen zeigt die Umfrage jedoch klar: Die „goldene Mitte“ passt zwar für viele, ist jedoch keine Universallösung: So arbeiten zwar 39 Prozent der hybrid Arbeitenden drei Tage pro Woche im Büro, aber nur 31 Prozent von ihnen empfinden dies auch als ideal. 52 Prozent bevorzugen ein bis zwei Tage pro Arbeitswoche im Office, immerhin 17 Prozent vier Tage oder mehr. Wenn Unternehmen ihrer Belegschaft also drei Tage Büroanwesenheit vorschreiben oder ihr Büro nur auf dieses Modell auslegen, trifft das nicht den Wunsch der Mehrheit.
Hybride Arbeit regeln: „More is more“
In der Praxis geht es häufig nicht so sehr darum, wie viel die Mitarbeitenden im Homeoffice arbeiten, sondern wie flexibel und mobil. Denn in hybriden Settings sind zahlreiche Mitarbeitende auch an Bürotagen oft nicht am Schreibtisch, da sie an diesen Tagen hauptsächlich Teammeetings planen. Hier ist die klassische Schreibtischaufteilung nicht zeitgemäss. Auch Aussendienstmitarbeitende, die mobil, aber nicht im Homeoffice arbeiten, müssen sinnvoll integriert werden, wenn sie ins Büro kommen. Über Datenanalysen aus Tools für das Arbeitsplatzmanagement, Teambefragungen oder direktes Feedback lässt sich erkennen, welche Bedürfnisse die Mitarbeitenden an ihren Arbeitsplatz haben und welche Regelungen für die Hybridarbeit im Unternehmen sinnvoll sind. Unterscheidungen können nach verschiedenen Kriterien getroffen werden. Immer in Abstimmung mit den Teams und orientiert daran, die Produktivität zu maximieren:
- Rollen: Kollaborative Rollen wie in Produktentwicklung oder Marketing profitieren potenziell von mehr Büropräsenz, wohingegen Einzelarbeit im Homeoffice auch effizient sein kann.
- Individuelle Charaktere und Präferenzen: Je nach Lebenssituation bevorzugen manche mehr Remotearbeit, andere den Austausch im Büro. Ein gestaffeltes Modell schafft eine Balance zwischen Individualität und Planbarkeit in der Organisation.
- Projekte: Bei Unternehmen, die stark projektbezogen arbeiten, eignen sich ebenfalls situative Konzepte. In der Planungsphase beispielsweise kann es sinnvoll sein, häufiger ins Office zu kommen und gemeinsam zu brainstormen.
Individualität ist für Mitarbeitende attraktiv
Individuelle Hybrid-Regeln können nicht nur die Produktivität im Unternehmen positiv beeinflussen, sondern sind auch ein Signal der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden. Durch differenzierte Regeln fühlen sich die Teammitglieder gehört und einbezogen. Verfolgen Unternehmen diesen Weg konsequent und versteifen sich nicht auf eine vermeintliche „goldene Mitte“, schaffen sie eine zugleich effiziente und inklusive Arbeitsumgebung: ein entscheidender Punkt auf dem Weg in die Zukunft der Arbeit.