Interview mit John Zoellin zur Zukunft unserer Arbeit

Der digi­ta­le Wan­del der Arbeits­welt ist in vol­lem Gan­ge. Auch die Büro­be­darfs­bran­che ändert sich zuneh­mend. Wir spra­chen mit John Zoel­lin, Prä­si­dent des Ver­band PBS und Gruss­kar­ten Schweiz, über die Her­aus­for­de­run­gen der Bran­che, die Zukunft der Büro­ar­beit und das papier­lo­se Büro.

John Zoellin, Präsident des Verbands PBS und Grusskarten Schweiz. Abbildung: Andre Hengst
John Zoel­lin, Prä­si­dent des Ver­bands PBS und Gruss­kar­ten Schweiz und CEO der Elco AG. Abbil­dung: And­re Hengst

Büroblog Schweiz: Herr Zoellin, was zählt für Sie aktuell zu den grössten Herausforderungen für die Bürobedarfsbranche?

John Zoel­lin: Da ist einer­seits die von der Covid-Pan­de­mie gepräg­te aktu­el­le Situa­ti­on, wel­che zu einer star­ken Ver­la­ge­rung der Beschaf­fungs­we­ge in den Online­be­reich und einer Ver­än­de­rung der Pro­dukt­be­dürf­nis­se geführt hat. Ande­rer­seits ver­än­dern die rasch fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung und die Zunah­me der Home­of­fice-Nut­zung grund­sätz­lich die Nach­fra­ge der Büro­be­darfs­pro­duk­te. Die­se Fak­to­ren wer­den uns auch in den kom­men­den Jah­ren beschäftigen.

Wie könnte sich der PBS-Markt in den kommenden zehn Jahren entwickeln?

Die Ver­la­ge­rung in den Online-Ver­triebs­ka­nal wird den sta­tio­nä­ren Han­del wei­ter­hin stark for­dern. Ich gehe davon aus, dass sich der sta­tio­nä­re Han­del wei­ter­hin stark in Rich­tung Fan­ta­sie, Geschen­ke, Spiel­wa­ren und Spe­zia­li­tä­ten ent­wickeln wird. Die klas­si­schen Büro­be­darfs­pro­duk­te wer­den zuneh­mend online beschafft, wobei hier die tra­di­tio­nel­len Kanä­le immer mehr ver­wäs­sert wer­den und die neu­en Online­platt­for­men wie Ama­zon etc. sich immer brei­ter machen werden.

Rolodex, Tipp-Ex und Fax verschwinden langsam aus den Büros – welche Utensilien aus der guten alten Analogwelt sollten im Office erhalten bleiben?

Natür­lich könn­te ich nun eine Lan­ze für unse­ren Brief­um­schlag oder Büro­block bre­chen. Die­se lie­gen mir ver­ständ­li­cher­wei­se sehr am Her­zen. Grund­sätz­lich wäre es schön, wenn wir das geschrie­be­ne Wort auch in fer­ner Zukunft pfle­gen und damit Schreib­ge­rä­te und etwas Papier erhal­ten blie­be. Ob das unse­re Nach­kom­men auch so sehen, wird sich zeigen.

Wie stehen Sie zur Vision des papierlosen Büros?

Natür­lich unter­lie­ge ich einer ‚Defor­ma­ti­on Pro­fes­sio­nel­le‘ und mei­ne Glaub­wür­dig­keit dies­be­züg­lich ist etwas unter­gra­ben. Mit etwas Abstand betrach­tet kön­nen wir fest­stel­len, dass gewis­se Pro­duk­te den Weg ins Home­of­fice nicht geschafft haben. Wir kon­sta­tie­ren auch, dass vie­le Pro­zes­se heu­te digi­tal ablau­fen. Die­se bei­den Ver­än­de­run­gen wer­den das Papier und damit ver­bun­de­ne Pro­duk­te wei­ter aus dem Büro drän­gen. Ich glau­be aber auch, dass es wei­ter­hin vie­le Anwen­dun­gen gibt, bei denen das Nut­zen von Papier ein­fa­cher, effi­zi­en­ter sowie ziel­füh­ren­der ist und damit auch wei­ter­hin sei­nen Platz im Büro haben wird.

Was bedeutet New Work für Sie?

Die Arbeits­welt hat sich auch bei uns gewan­delt, und die­ser Trend ist nicht auf­zu­hal­ten. Wir haben Men­schen mit den unter­schied­lich­sten Bedürf­nis­sen bezüg­lich des Arbeits­stils, der Erwar­tun­gen an den Arbeits­platz und den Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten. Als Arbeit­ge­ber müs­sen wir uns dar­auf ein­stel­len, dass die her­an­wach­sen­de Gene­ra­ti­on noch mehr Augen­merk auf die Work-Life-Balan­ce und das pas­sen­de Arbeits­um­feld legen wird. Sie ist aber auch bereit, sich ein­zu­brin­gen und möch­te mit­ge­stal­ten. Für uns bedeu­tet dies, wei­ter in die Mög­lich­keit des orts­un­ab­hän­gi­gen Arbeits­plat­zes zu inve­stie­ren, neue Tech­no­lo­gien ein­zu­bau­en und Schritt zu hal­ten mit der digi­ta­len Ent­wick­lung und dem sich ver­än­dern­den Führungsstil.

Werden wir 2030 noch in Büros arbeiten?

Im Moment schwingt das Pen­del in Rich­tung Home­of­fice und zwar auf zwei Ebe­nen. Einer­seits sind die gros­sen Fir­men dar­an, ihre Mit­ar­bei­ter mit Shared-Arbeits­plät­zen aus­zu­rü­sten und damit Mie­ten und Inve­sti­tio­nen in phy­si­sche Arbeits­plät­ze zu redu­zie­ren. Ande­rer­seits tref­fen sie mit die­sem Ange­bot auch auf eine Gene­ra­ti­on von Mit­ar­bei­tern, wel­che die­se Mög­lich­keit aktiv suchen. So gese­hen eine Win-win-Situa­ti­on. Ich höre aber auch Voten, spe­zi­ell in die­ser Coro­na-Zeit, wel­che den per­sön­li­chen Aus­tausch sehr ver­mis­sen. Nur noch Home­of­fice und aus­schliess­lich per Video zu kom­mu­ni­zie­ren scheint für vie­le nicht die wirk­li­che Lösung. Wir sind sozia­le Wesen und brau­chen den Büro­tratsch. Nicht jeden Tag, aber doch ab und zu.

Welche Tipps geben Sie den Generationen Y und Z für den Einstieg in die Büroarbeitswelt?

Die neu­en Gene­ra­tio­nen haben noch nie viel auf die Tipps der Alten gege­ben. Das war ja auch schon bei uns der Fall. In die­sem Sin­ne ver­zich­te ich auf gros­se Rat­schlä­ge. Ich bin über­zeugt, sie wer­den ihre Erfah­run­gen machen, dar­aus ler­nen und die Welt posi­tiv beeinflussen.

Vielen Dank.