New Work – Beyond the hype #1/7

In sei­ner Kolum­ne erläu­tert Timm Urschin­ger, CEO der Schwei­zer LIVE­sci­en­ces AG, neue und inno­va­ti­ve Orga­ni­sa­ti­ons­mo­del­le für Unter­neh­men. Die­ses Mal geht es um eine Begriffs­de­fi­ni­ti­on von Teal und den Weg zu einem eige­nen New-Work-Setup.

Gemeinsam auf dem Weg zu einer nachhaltigen Organisationsstruktur. Abbildung: Shutterstock, Nr.1978284158
Gemein­sam auf dem Weg zu einer nach­hal­ti­gen Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur. Abbil­dung: Shut­ter­stock, Nr.1978284158

New Work ist ein Sam­mel­be­griff für alle mög­li­chen Strö­mun­gen, die der struk­tu­rel­le Wan­del der Arbeits­welt mit sich bringt. Der Begriff wird gebraucht, um Digi­ta­li­sie­rung, hybrid und remo­te Work sowie ande­re Arten der Zusam­men­ar­beit wie Agi­li­tät, Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on oder fla­che Hier­ar­chien zu beschrei­ben. Aber auch im Sin­ne einer neu­en Arbeits­um­ge­bung und der moder­nen Gestal­tung von Büro­flä­chen. Aus­ser­dem wird er ver­wen­det für eine ver­än­der­te Füh­rungs­hal­tung und ein neu­es Führungsverhalten.

Die Defi­ni­ti­on von New Work ist sehr breit! Mei­stens liest sich das in etwa so: New Work beschreibt den struk­tu­rel­len Wan­del unse­rer Arbeits­welt – bedingt durch die Digi­ta­li­sie­rung und ver­än­der­te Anfor­de­run­gen durch die Bedürf­nis­se der Gene­ra­ti­on Y. Man ver­sucht zu erklä­ren, was sich nur schwer erklä­ren lässt – weil sich das soge­nann­te New Work stän­dig im Wan­del befin­det. Für die mei­sten Unter­neh­men bedeu­tet es vor allem ein voll­kom­men neu­es Mind­set. Geor­ge Bern­hard Shaw hat es schön for­mu­liert: „Pro­gress is impos­si­ble wit­hout chan­ge, and tho­se who can­not chan­ge their minds can­not chan­ge anything.“ Zu Deutsch: „Fort­schritt ist ohne Ver­än­de­rung unmög­lich, und wer sei­ne Mei­nung nicht ändern kann, kann gar nichts ändern.“

Teal – Organisationsmodell mit evolutionärer Denkweise

War­um sind man­che Unter­neh­men erfolg­rei­cher als ande­re? Was machen sie anders? Fre­de­ric Laloux hat sich mit die­sen Fra­gen beschäf­tigt und Ant­wor­ten dar­auf in „Reinven­ting Orga­nizati­ons“ (2014) ver­öf­fent­licht. Gleich­zei­tig präg­te er den Begriff „Teal-Orga­ni­sa­ti­on“ für ein Unter­neh­men, das auf der Selbst­ver­wal­tung der Arbeit­neh­mer basiert. Sei­ne „Bewusst­seins­stu­fen von Orga­ni­sa­tio­nen“ gehen zurück auf „Spi­ral Dyna­mics“, also die Bewusst­seins­stu­fen von Menschen.

Betrach­ten wir „Teal“ genau­er, ist es ein High-Level-Kon­zept zu drei The­men, die gut mit allen oben genann­ten New-Work-Aspek­ten ver­wo­ben sind:

  • Pur­po­se / sinn­haf­tes Arbeiten
  • Who­len­ess / Ganz­heit­lich­keit und Menschlichkeit
  • Self-Manage­ment / Selbstorganisation

Das sind wesent­li­che Indi­ka­to­ren dafür, dass eine Orga­ni­sa­ti­on ein Para­dig­ma erreicht hat, das eine neue Bewusst­seins­ebe­ne beschreibt. Zen­tral dabei ist, dass die Men­schen, die in die­ser Orga­ni­sa­ti­on zusam­men­ar­bei­ten, ihr Ego zäh­men und acht­sa­mer wer­den, aner­ken­nen, dass Din­ge mit­ein­an­der ver­wo­ben und für eine ein­zel­ne Per­son nicht in ihrer Gesamt­heit erfass­bar sind.

Anstatt sich also auf finan­zi­el­le Erfol­ge, Kon­troll­me­cha­nis­men und das Erschei­nungs­bild zu kon­zen­trie­ren, wel­ches der ein­zel­ne erfas­sen und kon­trol­lie­ren kann, hören alle auf das System um sie her­um. Jeder Betei­lig­te wächst in die­ses Bewusst­sein hin­ein und mit ihm die gesam­te Orga­ni­sa­ti­on. Bei LIVE­sci­en­ces waren wir vor sie­ben Jah­ren der Ansicht, dass die klas­si­sche Struk­tu­rie­rung einer Orga­ni­sa­ti­on nicht mit unse­ren Wer­ten einherging.

Den Wandel als Chance zu begreifen, ist die Basis des unternehmerischen Erfolgs. Abbildung: Shutterstock, Nr.1290366058
Den Wan­del als Chan­ce zu begrei­fen, ist die Basis des unter­neh­me­ri­schen Erfolgs. Abbil­dung: Shut­ter­stock, Nr.1290366058

Schöne neue (Business-)Welt – an einem Beispiel erklärt

Wir leben in der VUCA-Welt, die eine schnel­le Reak­ti­ons- und Ent­schei­dungs­fä­hig­keit ver­langt. Ein inno­va­ti­ves Arbeits­um­feld, das Men­schen moti­viert. Kun­den­zen­trier­tes Den­ken und Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit – basie­rend auf dem Wil­len, ech­te Wir­kung zu erzie­len. Und all das in Ein­klang mit öko­no­mi­schen Zie­len zu brin­gen. Kurz: Wir ver­su­chen, „Geschäft mit Sinn“ und „Sinn fürs Geschäft“ zu vereinen.

Bei uns bedeu­tet das – auch wenn sich Details immer wie­der leicht ändern: kei­ne for­ma­len Hier­ar­chien, kei­ne Lini­en­vor­ge­setz­ten. Statt­des­sen: Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on. Sinn und Wir­kung als Teil des Ent­schei­dungs­pro­zes­ses. Eine diver­se Team­kul­tur auf Augen­hö­he. Kon­struk­ti­ve Kon­flikt­lö­sun­gen. Radi­ka­le Trans­pa­renz bis hin zu selbst­be­stimm­ten Gehäl­tern. Und wei­te­re Aspek­te, wie wir im All­tag Mee­tings, Pro­zes­se und Zusam­men­ar­beit ein klein wenig anders gestalten.

Rollenbasiertes Arbeiten ist ein Grundpfeiler des Teal-Konzepts. Abbildung: Shutterstock, Nr. 1553419640
Rol­len­ba­sier­tes Arbei­ten ist ein Grund­pfei­ler des Teal-Kon­zepts. Abbil­dung: Shut­ter­stock, Nr. 1553419640

Definition der Rollen, die jetzt gebraucht werden

Dabei woll­ten wir drei Grün­der vor allem eines sicher­stel­len: Dass das New-Work-Set­up nicht nur für uns funk­tio­niert, son­dern „rea­dy to sca­le“ ist. Im Zuge des­sen fan­den wir her­aus, dass rol­len­ba­sier­tes Arbei­ten einen mas­si­ven Unter­schied zu job­ba­sier­tem Arbei­ten macht. Wir defi­nier­ten eini­ge Rol­len mit der Fra­ge: Was könn­ten wir in zwei, drei Jah­ren benö­ti­gen, was könn­ten unse­re Kun­den in zwei, drei Jah­ren benö­ti­gen. Ein gros­ser Feh­ler! Wir brauch­ten etwa drei Mona­te, um zu mer­ken, was die rich­ti­gen Fra­gen sind: Was brau­chen wir jetzt gera­de für Rol­len? Wie orga­ni­sie­ren wir uns an jedem ein­zel­nen Tag?

Dar­auf basie­rend defi­nier­ten wir gröss­ten­teils sehr klas­si­sche Rol­len wie Finan­zen, Rechts­ab­tei­lung, Col­la­bo­ra­ti­on Faci­li­ta­tor (IT-The­men am Anfang). Aber auch eini­ge anders anmu­ten­de Rol­len wie bei­spiels­wei­se den LIVE­guard, der dafür sor­gen soll­te, dass wir unse­rem Pur­po­se fol­gen und dass die öko­no­mi­schen Zie­le nicht überhandnehmen.

Wir dis­ku­tier­ten dar­über, ob klas­si­sche Manage­ment­mo­del­le und -tools wie DB-Rech­nun­gen, Cash­flow, Zie­le, Stra­te­gien, Road­maps und Plä­ne fort­an schlecht und nicht mehr zu gebrau­chen sei­en. Kamen jedoch zu dem Schluss, dass wir für ein erfolg­rei­ches New-Work-Set­up alle mög­li­chen Ein­flüs­se und Ele­men­te bei­der „Wel­ten“ ver­bin­den müssen.

Dar­aus ent­stand schliess­lich ein kur­zes Doku­ment, unse­re LIVEli­ne, die beschreibt, wie wir Arbeit gene­rell, New Work im Spe­zi­el­len und unse­re Zusam­men­ar­beit betrach­ten. Wel­che Prin­zi­pi­en und Glau­bens­sät­ze gel­ten und wie unse­re Kul­tur aus­se­hen soll.

Erfolgreich am Markt etabliert

Sechs Jah­re spä­ter sind wir 20 per­ma­nen­te Mit­ar­bei­ten­de und erfolg­reich am Markt posi­tio­niert, in eini­gen Regio­nen sogar als „Teal Thought­lea­der“. Unser New-Work-Set­up hat sich wei­ter­ent­wickelt, aber vie­le der Grund­pfei­ler sind wei­ter vor­han­den: Unse­re LIVEli­ne hat sich kaum ver­än­dert. Unser rol­len­ba­sier­tes Arbei­ten ist wei­ter­hin Grund­prin­zip, auch wenn es deut­lich mehr Rol­len wur­den. Wir haben neue Struk­tu­ren und Pro­zes­se geschaf­fen zu Stra­te­gie- und Gover­nan­ce-The­men und sind unse­ren Glau­bens­sät­zen treu geblieben.

In unse­ren kom­men­den Arti­keln betrach­ten wir eini­ge die­ser New-Work-The­men genau­er und geben Ein­blicke, wie die­se sich in der täg­li­chen Unter­neh­mens­pra­xis ent­wickeln kön­nen und so die „gute alte“ Wirt­schafts­welt mit dem New-Work-Busi­ness verbinden.

Abbildung: LIVEsciences
Abbil­dung: LIVEsciences

Timm Urschin­ger,

Mit­grün­der und CEO,

LIVE­sci­en­ces.

livesciences.com